Spanische Immobilien im Abverkauf

Spanische Immobilien Abverkauf
Spanische Immobilien Abverkauf(c) REUTERS (ANDREA COMAS)
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Die Baukrise hat die Häuserpreise in der Ferienregion teilweise ins Bodenlose fallen lassen. Viele Private sind verschuldet, und Banken versuchen verzweifelt, neue Besitzer für die einkassierten Immobilien zu finden.

Madrid. Orange, rot, gelb, weiß – in allen Farben schreit es von Spaniens Fassaden herunter: „Se vende“ – „zu verkaufen“ – steht auf unzähligen Plastikschildern, die an Bauzäunen, Balkonen und Balustraden hängen. Ein Wald aus Offerten, die das ganze Ausmaß der Immobilienkrise widerspiegeln, welche Spaniens Wirtschaft seit drei Jahren im Würgegriff hat und die noch lange nicht überwunden ist. Ein Crash, der dem unkontrollierten Bauboom in den letzten Jahrzehnten folgte, der Preise und Immobilienbestand in schwindelerregende Höhen getrieben hatte.

Nun ist Spaniens Immobilien-Fiesta vorbei, die Branche ist mit einem schmerzhaften Kater aufgewacht, steht vielerorts vor dem Ruin. „Der Immobilienmarkt liegt am Boden“, resümiert ein Sparkassen-Filialchef bekümmert, der seinen Namen lieber nicht nennen will, weil sich auch sein Institut verspekuliert hat. Dies sei freilich für Interessenten keine schlechte Zeit, um sich unter der südlichen Sonne nach einer Immobilie umzusehen, sagt der Mann. Im Schnitt seien die Preise seit Beginn der Krise Ende 2007 um wenigstens 20 Prozent abgerutscht – und sie könnten noch weiter purzeln.

Banken suchen Abnehmer

Kaum ein Mehrfamilienhaus, an dem nicht ein Angebot hängt – in vornehmen Siedlungen genauso wie in Arbeitervierteln. Auf Mallorca, den Kanarischen Inseln und an der Costa Blanca. In der Hauptstadt Madrid wie in der Provinz. Der tiefe Absturz hat dazu geführt, dass hunderttausende Wohnungen und Villen im ganzen Land zum Verkauf stehen und zuweilen mit riesigen Preisnachlässen buchstäblich verramscht werden.

Zum einen von den Bauherren, die auf einem Immobilienberg sitzen geblieben sind. Auch von vielen privaten Eigentümern, die ihre Kredite nicht mehr zahlen können und mit einem Notverkauf der Schuldenfalle entkommen wollen. Und von den Banken, die nach der Pleite tausender Baufirmen und Makler sowie der Pfändung säumiger Hypothekenzahler so schnell wie möglich neue Besitzer für die einkassierten Immobilien finden müssen, um ihre Bilanzen zu sanieren.

Man muss nur die Internetportale der bekannten spanischen Sparkassen „Caixa“, „Caja Madrid“, „Caja Mediterraneo“ oder des mallorquinischen Instituts „Sa Nostra“ durchblättern, um einen Eindruck von der Schlussverkaufsstimmung zu bekommen: „Bis zu 60 Prozent billiger“, „Jetzt ist der beste Moment zum Kaufen“, locken die Institute. Oder: „Früher 350.000 Euro, jetzt 210.000 Euro“, „100-prozentige Finanzierung“. Aber dies ist nur die offizielle Seite. Die inoffizielle ist, dass der Kunde in Zeiten der Krise wieder König und der Verhandlungsspielraum groß ist. „Machen Sie uns Ihren Preisvorschlag“, lockt die „Caixa“ für den Fall, dass dem Kunden die „38 Prozent Preisnachlass“ für eine 88 Quadratmeter große Altbauwohnung in der Madrider Innenstadt noch nicht genug sein sollten.

Für Traumvillen am Strand, Luxuswohnungen mit Meerblick oder Ferienimmobilien in guter Lage sind die Preise nicht ganz so ins Rutschen geraten. Es gibt Nachlässe, aber deutlich weniger. Das gilt auch für die Ferieninsel Mallorca, wo die Schnäppchen nicht so breit gestreut sind, weil in dem Urlaubsparadies der Markt weniger eingebrochen ist. Doch auch auf den Balearischen Inseln, zu denen neben Mallorca noch Ibiza, Menorca und Formentera zählen, stehen fast 50.000 Wohnobjekte leer.

In ganz Spanien wird derzeit eine Million Immobilien zum Verkauf angeboten. Nach einer Studie des Internet-Immobilienportals „pisos.com“ bewegt sich das Preisspektrum der Angebote zwischen 15.000 und 15 Millionen Euro. Für 15.000 ist ein kleines renovierungsbedürftiges Dorfhäuschen in der nordspanischen Rotwein-Region Rioja zu haben. Für 15 Millionen eine 2600 Quadratmeter große Luxusvilla am Stadtrand Madrids.

Doch angesichts der hohen Arbeitslosigkeit von 20 Prozent und empfindlichen Einkommensverlusten verspüren die Spanier derzeit wenig Lust, sich in ein Immobilienabenteuer zu stürzen. Derweil steigt die Nachfrage von Interessenten aus anderen europäischen Ländern, vor allem für Immobilien an den Küsten, steil an.

Auch mieten ist oft günstig

Übrigens: Auch das langfristige Mieten von Immobilien kann interessant sein. Immer mehr Objekte werden zur „Miete mit späterer Kaufoption“ offeriert. Tausende leer stehende Ferienwohnungen und Chalets an der Mittelmeerküste werden von den Eigentümern teilweise sogar derart günstig zur Dauermiete angeboten, dass dies auch für ausländische Spanienfreunde eine bedenkenswerte Alternative zum Kauf ist – und zudem vergleichsweise risikolos.

Auf einen Blick

Die Immobilienpreise in Spanien sind im Zuge der Krise um etwa zwanzig Prozent eingebrochen. Viele Banken sitzen auf Häusern und Wohnungen, die sie von säumigen Schuldnern einkassiert haben. Die Spanier halten sich angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der sinkenden Einkommen mit Zukäufen zurück. Doch zahlreiche Ausländer kaufen bereits wieder– mit der Folge, dass die Preise auf der Ferieninsel Mallorca nicht mehr so niedrig sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2011)

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