Krisenhilfe: Portugal sträubt sich

Krisenhilfe Portugal ndash Entscheidung
Krisenhilfe Portugal ndash Entscheidung(c) EPA (JOSE SENA GOULAO)
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Es mehren sich Spekulationen, dass Portugal Geld aus dem Rettungsschirm braucht. Aber die Regierung will davon nichts wissen. Portugal werde sein Haushaltsziel erfüllen, sagt Ministerpräsident José Sócrates.

Wien/Ag./Hie. Wen wird es wohl als nächstes treffen? Seitdem Ende des Vorjahres Irland unter den 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds geflüchtet ist, gilt Portugal als der nächste heiße Kandidat. Diesen Spekulationen verlieh am Wochenende ein Bericht des „Spiegel“ Auftrieb: Demnach wollen Deutschland und Frankreich den Krisenstaat dazu drängen, möglichst bald unter den Euro-Schutzschirm zu schlüpfen. Das finanziell angeschlagene Land werde nicht mehr lange Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen können, heißt es in Berufung auf Experten beider Regierungen.

Tatsächlich sind die Zinsen für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen am Freitag auf 7,1 Prozent geklettert. Das ist der höchste Wert seit der Einführung des Euro und ein Indiz dafür, dass die Investoren auf den internationalen Märkten zunehmend das Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität des Landes verlieren.

Aber die Regierung in Lissabon will von internationalen Geldspritzen partout nichts wissen und weist jegliche Spekulationen in diese Richtung vehement von sich. Portugal werde sein Haushaltsziel erfüllen, sagte Ministerpräsident José Sócrates am Samstagabend in der portugiesischen Hauptstadt: „Wir haben bessere Ergebnisse bei den Einnahmen als bei den Ausgaben. Das ist das beste Signal des Vertrauens, das wir den internationalen Märkten geben können“, so der Regierungschef. „Portugal tut, was es tun muss, und das wird auch so bleiben.“

Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, das Haushaltsdefizit im laufenden Jahr auf 4,6 Prozent zu drücken – ausgehend von 7,3 Prozent im Vorjahr. 2009 lag die portugiesische Neuverschuldung bei 9,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, das war der vierthöchste Wert in der Eurozone.

Wie es um das Vertrauen in die Finanzkraft des Landes bestellt ist, wird sich am Mittwoch zeigen: Da will Portugal zwei Staatsanleihen mit einem Volumen von 1,25 Mrd. Euro auf dem Kapitalmarkt platzieren. Die Auktion ist nicht nur ein Testlauf für Portugal, sondern könnte auch den Euro weiter drücken. Am Freitag fiel die Gemeinschaftswährung unter 1,30 Dollar.

Wer ist der geheime Geldgeber?

Dass Portugal Geld braucht, steht außer Frage – angeblich soll sich das Land nun einen Kredit von einem unbekannten Geldgeber geholt haben. Das Finanzministerium teilte am Freitag mit, derzeit Staatsanleihen über eine sogenannte Privatplatzierung zu verkaufen. „Wir werden keinen Kommentar zu dem Käufer abgeben“, so eine Sprecherin. Es wird gemunkelt, dass es sich dabei um China handeln könnte. China hatte erst vergangene Woche Spanien weitere Anleihenkäufe zugesichert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2011)

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