EU-Finanzminister stocken Rettungsschirm nicht auf

BELGIUM EU ECOFIN EUROPEAN FINANCE MINISTERS MEETING
BELGIUM EU ECOFIN EUROPEAN FINANCE MINISTERS MEETING(c) EPA (Olivier Hoslet)
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Neue Banken-Stresstests sollen helfen, den Euro abzusichern. Der Euro könne noch zehn Jahre in der Krise sein, sagt der ungarische Ratsvorsitzende.

Die EU-Finanzminister sind dem Drängen nach einer Ausweitung des Euro-Rettungsschirms vorläufig nicht nachgekommen. Bei ihrer Sitzung am Dienstag in Brüssel wurde betont, dass es nicht um eine Ausdehnung des Rahmens von 440 Milliarden Euro beim EFSF-Teil des insgesamt 750 Milliarden Euro umfassenden Schutzschirms gehe, sondern um eine "bessere Effizienz".

Von den 440 Milliarden sind aufgrund der notwendigen Sicherheiten nur 250 Milliarden verfügbar, diese Summe soll durch geeignete "Instrumente" und einen langfristigen Euro-Krisenplan angehoben werden, wobei VP-Finanzminister Josef Pröll keine konkrete Zahl nannte.

"Einige haben die Nase voll"

Während Pröll einerseits davon sprach, dass die "Zeit nicht unmittelbar drängt, weil Irland locker mit den Hilfsmaßnahmen Platz im bestehenden Schirm hat" und kein anderes Land derzeit an die Tür klopfe, wollte der Minister gleichzeitig "aufs Tempo drücken", um ein Gesamtpaket zu schnüren. Dabei seien "verschiedene Optionen" im Gespräch. So sollte über "Modelle" der Lastenaufteilung diskutiert werden.

Jedenfalls dürfe man die Effizienzverbesserung nicht auf Teile der Eurozone wie die Triple-A-Staaten, zu denen Österreich gehöre, abwälzen. Es handle sich um eine solidarische Aufgabe. Dabei fügte Pröll hinzu, dass auch die von einer Hilfe betroffenen Länder "ihre Hausaufgaben" machen müssten. Denn es hätten "viele die Nase voll, dass sich einige um die Tatsache herumdrücken, den eigenen Stall sauber zu halten". Der Stabilitätspakt sei zu erfüllen, das Schuldenmanagement müsse gewährleistet werden.

Strengere Banken-Stresstests

Zu "100 Prozent" steht Pröll hinter den neuen Banken-Stresstests. Diese sollten im Frühsommer 2011 umgesetzt sein. Es gehe darum, ein klares Signal für mehr Transparenz zu geben. Beim neuen Banken-Stresstest in diesem Jahr soll EU-Präsidentschaftskreisen zufolge auch die Liquidität der Institute gemessen werden. Getestet würden die gleichen 91 Geldhäuser wie im vergangenen Jahr. Dieses Mal solle der Test insgesamt aber strenger ausfallen und beispielsweise nicht nur das Handelsbuch der Institute unter die Lupe nehmen, sondern auch das Bankbuch.

Die Europäische Zentralbank (EZB) geht davon aus, dass dieses Mal wegen der strengeren Kriterien mehr Banken durchfallen. Beim ersten europaweiten Stresstest im vergangenen Jahr waren von 91 Banken nur sieben Institute durchgefallen, was Zweifel an der Stichhaltigkeit der Ergebnisse geweckt hatte. So war damals kein irisches Geldhaus durch den Test gefallen, obwohl der Staat wenig später Milliarden in den Bankensektor pumpen und das Land am Ende unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen musste.

Euro noch zehn Jahre in der Krise?

Aufhorchen ließ in diesem Zusammenhang EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, der die Banken zur "Mäßigung bei den Boni" für Manager aufrief. Millionen Europäer würden unter Arbeitslosigkeit leiden, "die Banken müssen jetzt ihrer Verantwortung besser gerecht werden und sich nach moralischen und ethnischen Gesichtspunkten verhalten. Deshalb rufe ich zur Mäßigung gerade bei den Boni auf". Darauf angesprochen, was passiert, wenn sein Appell nichts nützt, stellte der Kommissar den Banken die Rute ins Fenster. "Es geht um die Glaubwürdigkeit. Wir haben Kapitalanforderungen, da gibt es Gesetzesmaßnahmen. Wenn die Banken nicht auf unseren Appell eingehen, müssen wir etwas bei den Kapitalanforderungen ändern".

Etwas weit lehnte sich der ungarische rotierende Ratsvorsitzende Finanzminister György Matolcsy aus dem Fenster, als er meinte, dass der Euro noch zehn Jahre in der Krise sein könnte. Pröll winkte gegenüber seinem Parteifreund ab und meinte, es gebe keinen Anlass, darüber nachzudenken, ob uns die Krise noch jahrelang begleiten wird. "Ich bin froh, dass solche Kommentare nicht von Ministern kommen, die in der Eurozone Verantwortung tragen", wies Pröll Aussagen seines ungarischen Ressortkollegen zurück.

"Brauchen mehr Budgetdisziplin"

Die EU sucht weiter einen Kompromiss zur Absicherung der Euro-Währung. Während die EU-Kommission in erster Linie den Rettungsfonds für wackelnde Euro-Staaten stärken will, setzen viele Mitgliedsländer andere Akzente. Das wurde am Dienstag beim EU-Finanzministertreffen in Brüssel deutlich. Schnelle Ergebnisse werden deshalb nicht erwartet.

Schwedens Ressortchef Anders Borg kritisierte, es werde zu viel über Hilfsfonds und deren Größe debattiert. "Wir brauchen mehr Budgetdisziplin und weniger Diskussionen über die Lastenteilung", sagte er am Rande der Konferenz. Die Französin Christine Lagarde betonte, die Debatte drehe sich nicht nur um den Rettungsfonds EFSF mit einem Umfang von 440 Milliarden Euro. "Er ist lediglich ein Teil der Gleichung." Die Minister arbeiteten an einer umfassenden Lösung.

Schäuble: Wirtschaftspolitik besser verzahnen

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) drängte die EU-Länder, ihre Wirtschaftspolitik besser zu verzahnen. "Die wirtschaftliche Abstimmung muss verbessert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit in allen Ländern zu steigern."  Der ungarische Ressortchef Matolcsy, der bis Ende Juni die Ministertreffen leitet, warb wie Schäuble für eine bessere Koordination der EU-Wirtschaftspolitik - und zeigte sich optimistisch: Die EU sei auf dem richtigen Weg, um mit der Krise fertig zu werden. "Wir wollen mit den sechs Gesetzesvorschlägen (zur Stärkung des Stabilitätspakts und der Wirtschaftskoordinierung) vorankommen. Das steht im Zentrum der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft." Die Kommission hatte die Gesetze im September vorgeschlagen - danach sollen Defizitsünder schneller und härter bestraft werden.

Einem deutschen Medienbericht zufolge sollen nach Überlegungen der EU-Kommission die Banken den permanenten Rettungsschirm für Euroland ab 2013 mitfinanzieren.

(Ag.)

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