Schuldenkrise: Eine Latino-Lösung für die Eurozone

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Europas Währungspolitiker schnüren ein Paket, das der Beendigung der lateinamerikanischen Malaise Ende der 1980er-Jahre immer stärker ähnelt. Offiziell weisen sowohl Europas Finanzminister jedes Gerücht zurück.

Brüssel/Go. Offiziell weisen sowohl Europas Finanzminister als auch die EU-Kommission jedes Gerücht über eine baldige Restrukturierung der griechischen Staatsschulden zurück. Doch hinter den Kulissen wird in Brüssel und Berlin ein umfassendes Paket von Maßnahmen geschnürt, die dazu führen sollen, einen unkontrollierten Zahlungsausfall Griechenlands zu vermeiden, der die europäischen Banken schwer treffen würde.

Die Fäden für dieses Paket laufen in Luxemburg im Büro von Klaus Regling zusammen, wie das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe schildert. Regling führt den im Mai 2010 hastig zusammengebastelten Rettungsschirm EFSF, der die rund 85 Milliarden Euro schweren Hilfen für Irland bezahlt. In den 1980er-Jahren arbeitete er beim Internationalen Währungsfonds IWF. Damals entwickelte er folgendes Verfahren, mit dem er den bankrotten Philippinen aus der Patsche half: Sie bekamen vom IWF Kredit, um damit auf den Märkten ihre eigenen Staatsanleihen zurückzukaufen. Mithilfe der IWF-Mittel konnte die philippinische Regierung den Banken, die diese stark abgewerteten Papiere in ihren Büchern stehen hatten, das folgende Angebot machen: Entweder ihr verkauft uns die Bonds jetzt, wenn auch mit Verlust. Oder ihr schaut bei einem Zahlungsausfall durch die Finger.

Neue Idee: Vorbeugende Kredite

Reglings Modell ging auf, und es machte Schule: 1989 beendete der US-Finanzminister Nicolas Brady eine seit den 1970er-Jahren währende Krise. Zu dieser kam es, weil die US-Banken lateinamerikanischen Regierungen üppige Kredite gegeben hatten, die später in ihren Büchern vor sich hin faulten, weil die Regierungen zahlungsunfähig waren. Die Banken konnten ihre Forderungen gegen „Brady-Bonds“ tauschen. Diese waren zwar niedriger verzinst, aber von der US-Regierung garantiert. So konnten die Banken ihre bilanziellen Probleme langsam verdauen. Zugleich ermöglichten die „Brady-Bonds“ den lateinamerikanischen Staaten einen Neuanfang.

Konkret würde nun der EFSF solche Bonds begeben, mit denen Griechenland (dessen Rettungspaket nicht vom EFSF, sondern mit Darlehen der Eurostaaten bezahlt wird) Europas Banken seine Anleihen abkauft.

Die Online-Ausgabe der „Welt“ wiederum berichtet von der Idee, nach IWF-Vorbild schwächeren Volkswirtschaften in der Eurozone vorbeugend Kreditlinien für Krisenfälle anzubieten.

Ohne Deutschland ist keine dieser Ideen zu verwirklichen. Darum trifft Kommissionspräsident José Manuel Barroso heute, Dienstag, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, um über die Probleme der Währungsunion zu reden. „Der Präsident wird mit großem Interesse zuhören, was ihm die Kanzlerin zu diesen Themen zu sagen hat“, meinte seine Sprecherin Pia Ahrenkilde-Hansen am Montag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2011)

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