Spanien: Regierung zwingt Banken zu Kapitalerhöhung

A pigeon flies close to the logo of Spanish savings bank Caja Madrid in downtown Madrid
A pigeon flies close to the logo of Spanish savings bank Caja Madrid in downtown Madrid(c) Reuters (Andrea Comas)
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Alle spanischen Banken müssen ab September über eine Eigenkapitalquote von acht Prozent verfügen - sonst werden sie teilverstaatlicht. Spanien will damit vermeiden, unter den EU-Rettungsschirm schlüpfen zu müssen.

Im Kampf gegen die Finanzkrise knöpft sich die spanische Regierung schwache Banken vor. Sie zwingt die Banken und Sparkassen dazu, ihre Kapitalreserven zu erhöhen. Können die Institute neue Eigenkapital-Anforderungen nicht erfüllen, werden sie teilweise verstaatlicht, wie Wirtschaftsministerin Elena Salgado am Montagabend ankündigte.

Mit der Aufstockung der Kapitalreserven wolle Spanien das Finanzsystem stabilisieren und das Vertrauen der Investoren stärken. Schwache Banken könnten vorübergehend teilweise übernommen werden.

Eigenkapitalquote von 6 auf 8 Prozent erhöht

Das hoch verschuldete Euroland könnte sich mit dem Schritt eine Entlastung verschaffen. Falls Spanien dieses Problem aus eigener Kraft stemmt, dürften Spekulationen über eine Flucht unter den EU-Rettungsschirm verstummen. Alle Geldinstitute müssen nach Aussage der Ministerin ab September über eine Eigenkapitalquote von mindestens acht Prozent verfügen. Bisher lag der Wert bei sechs Prozent.

Für nicht an der Börse notierte Banken werde eine noch höhere Quote verlangt, verlautete in Madrid. Über die Höhe wird in den nächsten Wochen entschieden. Die Banken und Sparkassen, die diese Bedingung nicht erfüllten, müssten der Zentralbank einen Plan zur Aufstockung ihrer Kapitalreserven vorlegen. Sie bekämen dann eine Frist bis zum Herbst, um die geforderte Quote zu erreichen, sagte die Ministerin.

Banken benötigen bis zu 20 Milliarden Euro

Die Regierung gehe davon aus, dass Spaniens Banken maximal 20 Millilarden Euro an frischem Kapital benötigten, ergänzte Salgado. Die Summe könnte gänzlich von privaten Investoren aufgebracht werden. Einige Experten hatten den Rekapitalisierungsbedarf sogar auf über 100 Milliarden Euro geschätzt.

Von 2007 bis 2010 hätten die Banken Verluste von schätzungsweise 92 Milliarden Euro angehäuft, fügte Salgado hinzu. Vor allem mit den krisengeschüttelten Sparkassen wolle die Regierung bei der Rekapitalisierung zusammenarbeiten. Im Herbst solle bekanntgegeben werden, welche Banken frisches Kapital benötigten. Der staatliche Bankenrettungsfonds FROB solle jene Banken mit Kapital versorgen, die die neuen Anforderungen nicht erfüllen könnten.

Spanische Sparkassen als Achillesferse

Die traditionell im Hypothekengeschäft stark engagierten Sparkassen (Cajas de Ahorros) kämpfen nach dem Platzen einer Immobilienblase mit Problemkrediten in ihren Bilanzen. Die regional agierenden Cajas gelten daher als Achillesferse des Bankensektors. Über den Fonds FROB waren bereits mehr als 11 Mrd. Euro in den Sektor gepumpt worden, ohne das Problem nachhaltig lösen zu können. Die spanische Notenbank hat schon 2010 eine Konsolidierung des Sparkassensektors angestoßen.

Die Sparkassen hatten in Zeiten des Immobilienbooms in Spanien neben Hypotheken an Familien auch viele Kredite an Bauträger vergeben. In der Krise leiden sie nun darunter, dass diese nicht zurückgezahlt werden können.

Spanische Bankenwerte unter Druck

Die Ratingagentur Moody's teilte mit, dass eine Reform im Bankensektor die Kreditwürdigkeit und die Wahrnehmung des EU-Landes an den Märkten verbessern könnte. Spanien will dem Schicksal Irlands entgehen, das wegen der Schieflage im Bankensektor unter den EU-Rettungsschirm flüchten musste.

Die Nachrichten aus Madrid haben die spanischen Bankenwerte am Dienstag massiv unter Druck gesetzt. Mit den Aktien der Santander-Bank und der Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) haben die Papiere führender spanischer Banken am Dienstagvormittag mit fast drei Prozent deutliche Verluste verzeichnet. Händler machten die jüngsten Entscheidungen der Regierung in Madrid für die Kursverluste verantwortlich.

La Caixa hält 10 Prozent an Erste Bank

In ganz Europa haben am Dienstag Bank-Aktien zu den schwächsten Werten in ihren Märkten gezählt. In Wien lag die Erste Group bis 14.45 Uhr um 2,9 Prozent im Minus, die Raiffeisen Bank International lag 2,8 Prozent unter dem Vorjahresschluss. Rund um die 2 Prozent büßten in Deutschland Commerzbank und Deutsche Bank ein.

Die spanische Großsparkasse La Caixa ist in Österreich mit 10 Prozent zweitgrößte Aktionärin der börsenotierten Erste Group.

JPMorgan ist wegen Spanien alarmiert

Laut Händler Andreas Lipkow von MWB Fairtrade befinden sich die Banken europaweit aber auch im Sog schwacher US-Vorgaben. "Die Bank of America ist wieder einmal unter Druck gekommen, nachdem noch einige Nachwehen aus der Kreditkrise durch die übernommene Countrywide Financial wirksam werden. Diese Misstöne verstimmen auch das Konzert bei den europäischen Banken- und Finanzwerten."

JPMorgan ist aber wegen Spanien alarmiert: "Diese Ankündigungen sind aus zweierlei Gründen negativ", schrieb JPMorgan-Experte Cerezo. So habe es die Regierung versäumt, mehr Licht auf die realen Rekapitalisierungsbedürfnisse des Sektors für den Markt zu werfen. Es gebe zu viel Spielraum für Interpretationen, die sich als gefährlich herausstellen dürften im derzeitigen Umfeld, in dem große Sorgen um Staatsanleihen und die Zahlungsfähigkeit einiger Euroländer herrschten. "Unklar bleibt, ob das Minimum-Kapitallevel vor oder nach einem Stress-Szenario erforderlich werden soll und welches Niveau verlangt wird für Banken, deren Geschäft mit Geschäftskunden mehr als 20 Prozent der Vermögenswerte ausmacht." Dies nämlich sei bei den meisten der von JPMorgan bewerteten Banken der Fall. "Dieser Mangel an Details dürfte vom Markt negativ aufgenommen werden und die meisten spanischen Bankenwerte belasten."

"Markt glaubt nicht, dass das reicht"

Auch ein weiterer Börsianer, der zur spanischen Bankenschwäche Stellung nahm, meinte: "Ich denke, dass der Markt nicht daran glaubt, dass an erforderlichen Mitteln 20 Milliarden Euro für die dortigen Sparkassen ausreichen. Einige Broker gehen von 40 Milliarden Euro an Kapitalbedarf aus." Die Experten von Barclays kommentierten ebenfalls: "Die geschätzten 20 Milliarden Euro sehen wenig aus im Vergleich zu den kürzlichen Marktschätzungen von mindestens 30 Milliarden, Euro, unseren Schätzungen von 46 Milliarden und unserem Stresstest von 83 Milliarden Euro."

(Ag.)

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