Moody's schockiert Griechenland

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Die Ratingagentur Moody's senkt das Rating für Griechenland um drei Stufen. Damit rangiert Griechenland unter Ägypten. Experten kritisieren den Zeitpunkt: Der Schritt sei längst überfällig gewesen.

Wien/Hie/Ag. „Ramsch“: Das waren die griechischen Anleihen nach Meinung verschiedener Ratingagenturen schon länger. Seit gestern sind sie laut Moody's allerdings noch weniger anzuraten: Die US-Ratingagentur stufte die Bonität des schuldengeplagten Landes um gleich drei Stufen von „Ba1“ auf B1 zurück, also von „spekulativ“ auf „hoch spekulativ“.

Damit rangiert Griechenland auf einer Stufe mit Weißrussland und Bolivien und unter dem von politischen Umwälzungen gebeutelten Ägypten.

Die nötigen Sparmaßnahmen und Strukturreformen blieben „sehr ambitioniert“ und „großen Umsetzungsrisken“ ausgesetzt, begründet Moody's die Entscheidung. Die Agentur behält sich weitere Abstufungen vor und bleibt bei ihrem negativen Ausblick.

Freilich sehr zum Unmut der griechischen Regierung, dem sie umgehend Luft machte: Die Herabstufung sei „komplett unverständlich“, der Zeitpunkt und das Ausmaß würden viele Fragen aufwerfen und spiegelten nicht die Lage im Land wider. Moody's Entscheidung zeige, dass eine bessere Regulierung von Ratingagenturen notwendig sei, heißt es in einer Stellungnahme des griechischen Finanzministeriums.

Aber nicht nur die Griechen wundern sich. Auch Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), hält den Zeitpunkt für „nicht nachvollziehbar“, wie er im Gespräch mit der „Presse“ sagt: „Das ist eine sehr verspätete Reaktion von Moody's. Einen unmittelbaren Anlass gibt es nicht.“

Dass Griechenland „viele Wünsche offengelassen“ habe, stehe außer Frage. „Aber sie haben 2010 die Bedingungen des IWF und der EU beinahe erfüllt.“ Ratingagenturen verstärkten in der Regel, was Finanzmärkte ohnehin schon signalisieren. Und das ist für Griechenland schon länger nichts Gutes: „Ich verstehe die Entscheidung nicht, das hätte man schon vor Monaten machen sollen“, sagt Felderer.

„Die Märkte haben diesen Status schon länger eingepreist“, sagt der Fondsmanager Bernhard Pieb von Pioneer Investment. Das zeigten die Reaktionen: Die Rendite für die zehnjährige griechische Anleihe sei nach der Entscheidung von Moody's nur geringfügig angestiegen.

„Ratingagenturen sind einfach langsamer“, sagt Pieb. Für die Moody's-Konkurrenten Fitch und Standard & Poor's liegt Griechenland noch bei „BB+“, was jener Stufe entspricht, die Moody's dem Land gerade entzogen hat.

Rehn: Zinsen für Kredite senken

Griechenland hat im Vorjahr ein Defizit von knapp über neun Prozent angehäuft. Der Gesamtschuldenstand beträgt vorläufigen Zahlen zufolge 337 Mrd. Euro oder 144 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das 110-Milliarden-Euro-Hilfspaket der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) läuft Ende 2013 aus. Immer mehr Experten gehen davon aus, dass Griechenland auch danach vorläufig nicht in der Lage sein wird, sich aus eigener Kraft auf dem Kapitalmarkt zu refinanzieren.

Ende der Woche beraten die Euroländer auf dem EU-Gipfel in Brüssel, wie in Zukunft mit Schuldensündern umgegangen werden soll und wie sich die EU künftig gegen Krisen wie die griechische rüsten kann.

Auf dem Tisch liegt unter anderem der von Deutschland und Frankreich vorgeschlagene „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“, der auch eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild umfasst.

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn schlug am Montag vor, die Zinsen für Hilfskredite der EU-Staaten für Irland und Griechenland zu senken. Auch die Laufzeiten sollten verlängert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2011)

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