Sparpaket abgelehnt: Portugals Premier tritt zurück

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Das hoch verschuldete Land dürfte nach der Ablehung des Sparpakets durch das Parlament unter den EU-Rettungsschirm schlüpfen. Auch Neuwahlen scheinen unausweislich.

Wien/Gau. Premier José Sócrates hat alles auf eine Karte gesetzt - und verloren. In einem Fernsehinterview drohte Portugals Premierminister vorige Woche mit seinem Rücktritt - für den Fall, dass die Opposition seinen Sparkurs nicht weiter unterstützt. Genau das ist Mittwochabend passiert: Das Parlament hat das Austeritätsprogramm der sozialistischen Minderheitsregierung mehrheitlich abgelehnt. Sócrates gab daraufhin am späten Mittwochabend seinen Rücktritt bekannt. Dem hoch verschuldeten Land stehen damit Neuwahlen bevor
.
Dreimal hatte hat es Sócrates geschafft, die oppositionellen konservativen Sozialdemokraten (PDS) auf Maßnahmen zur Defizitbegrenzung einzuschwören. Doch beim vierten Sparkpaket binnen zwölf Monaten legten sie sich quer. Dabei brauchte die Regierung gar keine Zustimmung des Parlaments. Es ist daher durchaus denkbar, dass Sócrates ein Scheitern seiner Regierung zwei Jahre vor dem nächsten regulären Wahltermin gar nicht so unrecht ist.

Neuwahlen können frühestens in zwei Monaten stattfinden. Bis dahin müsste eine Übergangsregierung die Geschäfte führen. Die politische Unsicherheit und die Blockade beim Schuldenabbau würden die Finanzierungskosten für portugiesische Staatsanleihen weiter in die Höhe treiben und eine Flucht unter den Rettungsschirm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) unvermeidlich machen. Diese Möglichkeit hatte Sócrates stets abgelehnt: Er sei nicht bereit, unter Kontrolle und Anweisung des IWF zu regieren. Nun könnte sich Sócrates ins Unvermeidliche fügen, ohne sein Gesicht zu verlieren - und sein Scheitern der Opposition in die Schuhe schieben.

Tatsächlich hatte es Portugals Regierung im Vorjahr geschafft, durch Sparen und höhere Steuern das Budgetdefizit auf sieben Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Für heuer sind 4,6 Prozent angepeilt. Aber die Wirtschaft springt nicht an: Statt des erhofften leichten Wachstums wird nun offiziell ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,9 Prozent vorhergesagt. Die Opposition gibt dem Sparkurs die Schuld. Und sie tut sich leicht, Stimmung gegen die geplanten Maßnahmen zu machen, etwa die Streichung der populären Eigenheimförderung.

Sparkursgegner führen in Umfragen

In Meinungsumfragen hat sie bereits die Führung übernommen. Den Schwarzen Peter für den Verlust der Unabhängigkeit will sie sich nicht zuspielen lassen: In einem offenen Brief versprach die PDS den Investoren, dass sie die Defizitziele weiter unterstütze. Die Antwort, mit welchen anderen Maßnahmen sie erreicht werden sollen, blieb sie freilich schuldig. Die Investoren rechnen mittlerweile fix mit der Flucht unter den Rettungsschirm. Die Zinsen auf zehnjährige Staatsanleihen liegen bei 7,5 Prozent - das ist auf Dauer nicht leistbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2011)

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