Ökonom: "Dem Euro fehlt die dauerhafte Basis"

Workers display a giant banner on the European Commission headquarters showing a model of an euro coi
Workers display a giant banner on the European Commission headquarters showing a model of an euro coi(c) Reuters (Yves Herman)
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"Bisher haben wir nur Übergangslösungen und das spüren auch die Märkte", sagt Thomas Mayer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, sieht auch nach dem "Pakt für den Euro" kein solides Fundament für die Gemeinschaftswährung. "Das grundlegende Problem der Vereinbarungen ist, dass sie für eine zukünftige Schuldenkrise gemünzt sind, aber offen lassen, was mit den in der Vergangenheit angehäuften Schuldenbergen geschehen soll, wenn der Markt eine weitere Finanzierung verweigert", sagte Mayer dem "Handelsblatt" (Donnerstagsausgabe).

Eine dauerhafte Basis, auf der die Währungsunion stehen könne, sei damit noch nicht geschaffen. "Bisher haben wir nur Übergangslösungen und das spüren auch die Märkte", ergänzte der Volkswirt. Er fordert daher eine Art Europäischen Währungsfonds, "der die Politik überwacht, frühzeitig Warnsignale aussendet, in Notfällen finanzielle Hilfen bereitstellt und die Anpassungsprogramme gestaltet".

Warnung vor Einführung von Euro-Bonds

Auf die Frage, ob der "Pakt für den Euro" bereits den Eintritt in eine Transferunion bedeutet, sagte der Chefvolkswirt: "Nein, wir befinden uns in einer Art GmbH, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung füreinander. Wir haben festgestellt, dass die Gesellschaft mit Null-Haftung nicht funktioniert. Über die Limits der Haftung wird jetzt diskutiert. Dass wir unseren Einsatz erhöhen müssen, dass wir mehr Kapital in die GmbH einbezahlen müssen, daran besteht kein Zweifel." Aber wenn jetzt die Möglichkeit eines geordneten Insolvenzverfahrens unter Beteiligung des Staatssektors geschaffen werde, dann bliebe der Charakter der EWU als GmbH erhalten.

Vor der Einführung von Euro-Bonds, wie sie zuletzt Finanzinvestor George Soros gefordert hatte, warnt Mayer allerdings. "Mit der Euroanleihe befänden wir uns in einer Gesellschaft mit unbeschränkter Haftung, der Transferunion", sagte Mayer. Der deutsche Steuerzahler könne nicht für Entscheidungen im griechischen Parlament haften.

"Bailout-Verbot funktioniert nur in Theorie"

Das Konstrukt eines Bailout-Verbots für in die Krise geratene EU-Länder hält er für gescheitert: "Es funktioniert nur in der Theorie. Schon zu Beginn der Europäischen Währungsunion im Jahr 1990 wussten die Ökonomen, dass sich das Verbot nicht durchsetzen lässt, dass die Sorge um die Finanzstabilität das Verbot in einer Krise schnell aushebeln würde. Genau das ist ja auch geschehen".

Eine Auflösung der Währungsunion hält er für keine gute Idee. Er glaube nicht, dass sich Europa "auch nur den Versuch einer Alternative zur bestehenden Währungsunion leisten sollte". Ein Binnenmarkt funktioniere mit einer gemeinsamen Währung besser. Der Austritt einzelner Länder aus der Währungsunion hätte den "sofortigen Staatsbankrott" dieser Staaten zur Folge.

"Wir brauchen eine Brücke"

Die Entscheidung der Euro-Partner, dass der neue Rettungsfonds (ESM) keine Staatsanleihen am Markt aufkaufen darf hält Mayer für richtig. Allerdings fordert er, dass der jetzige Rettungsfonds ESFS sehr wohl Anleihen am Sekundärmarkt aufkaufen solle. Denn für die Übergangszeit bis 2013 bräuchten wir dringend eine Lösung. "Wir brauchen eine Brücke, denn die Schuldenkrise ist ja da", sagt er. Dass auch der ESM von den Regierungen - und nicht von einer unabhängigen Institution - überwacht wird, hält er für die "Achillesferse" des erneut reformierten Stabilitäts- und Wachstumpakts, aber auch des "Pakts für den Euro".

In Griechenland hält Mayer eine Umstrukturierung für unvermeidlich. "Ich fürchte, das Land hat kein Liquiditäts-, sondern ein Solvenzproblem. Hier werden wir zumindest um eine weiche Schuldenrestrukturierung wohl nicht herumkommen", sagte er.

(Ag.)

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