Was kann der neue Euro-Rettungsfonds ESM

Euro Schutzschirm ist aufgespannt
Euro Schutzschirm ist aufgespannt(c) EPA (Vassil Donev)
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Eine Überblick über die Struktur des Fonds, der überschuldete Euro-Staaten im Notfall mit Krediten versorgen kann. Der Österreich-Anteil liegt bei 2,226 Milliarden Euro.

Über die Ausgestaltung des künftigen Euro-Schutzschirms ESM wurde Einigung erzielt. Nachfolgend ein Überblick über die Struktur des Fonds, der überschuldete Euro-Staaten im Notfall mit Krediten versorgen kann.

Umfang und Anteile

Der europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll über eine effektive Kreditsumme von 500 Milliarden Euro verfügen. Er kann für Euro-Staaten in Finanznot zu günstigen Bedingungen am Kapitalmarkt Geld aufnehmen und dies als Kredit weiterreichen. Dazu wird ein Spar- und Reformprogramm mit der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgearbeitet, um die Finanzprobleme des Landes zu beheben. Nur im Rahmen eines solchen Programms kann der ESM auch Staatsanleihen direkt von dem Schuldenland kaufen.

Die Entscheidung über ein Hilfsprogramm, die Kreditvergabekapazität oder Änderungen an den Instrumenten des Fonds treffen die Finanzminister der Euro-Länder einstimmig. Alle anderen Beschlüsse werden mit qualifizierter Mehrheit gefasst. Die Stimmrechte entsprechen der Beteiligung der Länder am ESM. Für eine qualifizierte Mehrheit sind 80 Prozent der Stimmrechte notwendig. Deutschland hätte mit seinem Anteil von 27 Prozent auf jeden Fall ein Vetorecht. Der österreichische Anteil beträgt 2,75 Prozent. Es gilt der Schlüssel der Kapitalbeteiligung an der EZB.

80 Milliarden Einzahlung in bar

Die gesamte Kapitalausstattung umfasst 700 Milliarden Euro. Davon sollen 80 Milliarden Euro in bar in fünf Jahrestranchen eingezahlt werden. Die übrigen 620 Milliarden Euro werden in Form von abrufbarem Kapital oder Garantien bereitgestellt, wobei nicht festgelegt wird, welcher Anteil auf welche Form dieses Rückhalts entfällt. Das abrufbare Kapital wird angefordert, wenn Kredite des ESM an ein Land platzen und der Fonds damit einen Verlust verbuchen muss. Diese Entscheidung kann mit einfacher Mehrheit von den Finanzministern der Euro-Zone getroffen werden.

Für Österreich bedeute die Einigung auf den ESM, dass jährlich 450 Millionen Euro an Kapitaleinlagen fällig werden, die Gesamtsumme auf fünf Jahre beträgt 2,226 Milliarden Euro. Deutschland muss entsprechend seinem Anteil 21,68 Milliarden Euro an Kapital in den ESM einzahlen.

Absicherung des Kapitalaufbaus

Der ESM soll im Juli 2013 an den Start gehen. Die Kapitaleinlage soll in fünf gleichen Tranchen zu je 16 Milliarden Euro eingezahlt werden. Da damit 2013 und 2014 der Kapitalstock noch klein und noch nicht das volle Kreditvolumen von 500 Milliarden Euro verfügbar ist, soll eine Zusatzregelung gewährleisten, dass der ESM dennoch von Beginn an genug Mittel zur besten Bonität beschaffen kann. Für den "unwahrscheinlichen Fall" der Hilfe verpflichten sich die Mitgliedstaaten, zusätzliche Mittel bereitzustellen, so dass das Verhältnis des eingezahlten ESM-Kapitals zu den aufgenommenen Notkrediten für angeschlagene Euro-Staaten mindestens 15 Prozent beträgt. Dies kann dazu führen, dass dann Länder mit der Bestnote "AAA" ihre Garantien aufstocken müssen, während Staaten mit schwächerer Bonität mehr Kapital nachschiessen müssten.

Solange der ESM nicht genutzt wird, fließen die Zinseinnahmen für den Kapitalstock an die Mitgliedstaaten zurück - auch Deutschland bekäme dann also jährlich Geld. Nach der ersten Aktivierung des ESM behält dieser jedoch die Erträge ein, um seinen Kapitalstock aufzufüllen. Möglich ist dann eine Dividendenausschüttung.

Für Kredite von bis zu drei Jahren Laufzeit wird auf den Zins, den der ESM für die Kapitalaufnahme zahlen musste, ein Aufschlag von 200 Basispunkten erhoben. Bei Krediten mit einer längeren Laufzeit beträgt der Aufschlag insgesamt 300 Basispunkte.

Auswirkungen für private Gläubiger

Das Ausmaß der Beteiligung der privaten Staatsanleihebesitzer an den Rettungskosten richtet sich danach, ob die Verschuldung des Landes auf Dauer tragbar ist oder nicht. Dies wird nach einer im IWF üblichen Analyse der Schuldentragfähigkeit festgestellt. Ist sie gegeben, kann das Mitgliedsland die Gläubiger auffordern, seine Staatsanleihen freiwillig nicht zu verkaufen. Ist ein Staat nicht mehr in der Lage, seine Schulden zu bedienen, muss er in Verhandlungen über einen Forderungsverzicht eintreten. Um Entscheidungen der privaten Gläubiger zu ermöglichen, werden Staatsanleihen der Euro-Staaten ab 2013 eine Umschuldungsklausel enthalten. Damit wird eine Mehrheit festgelegt, die für Beschlüsse über einen Forderungsverzicht notwendig ist.

(APA/Ag.)

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