EU-Gipfel: So funktioniert der Euro-Krisenfonds

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Die Führer der Euroländer haben für die Zeit ab 2013 einen Währungsfonds geschaffen. Die Fragen der sich verschärfenden Probleme mit der Verschuldung Portugals, Irlands und Griechenlands verschoben sie auf später.

Brüssel. Europas politische Führer haben eine Feuerwehr gegründet, doch drei immer größer werdenden Bränden schauen sie tatenlos zu. Sie haben bei ihrem Brüsseler Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag zwar die letzten Handgriffe an den 700 Milliarden Euro schweren Währungsfonds gelegt, der ab Juli 2013 unter dem Namen „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ (ESM) marode Euroländer retten soll. Doch sie verschoben eine Lösung der sich verschärfenden Probleme mit der Verschuldung Portugals, Irlands und Griechenlands auf unbestimmte Zeit.

2,2 Mrd. Euro von Österreich

Der ESM wird 2013 die Aufgaben des derzeitigen, als Provisorium eingerichteten Euro-Rettungsschirms EFSF übernehmen. Alle 17 Euroländer nehmen teil, die übrigen zehn EU-Mitgliedstaaten können sich jederzeit beteiligen.

Damit der ESM bis zu 500 Milliarden Euro an Hilfskrediten vergeben kann, braucht er ein Kapital von 700 Milliarden Euro. 80 Milliarden Euro davon werden die Staaten direkt einzahlen. Damit müssen sie im Juli 2013 beginnen. Bis zum Jahr 2017 müssen sie in fünf gleich großen Raten einzahlen. Österreich muss somit seinen Beitrag von rund 2,2 Milliarden Euro in fünf jährlichen Raten von rund 445 Millionen Euro bezahlen.

Es geht um Merkels Wahlzuckerl

Diese Ratenlösung war ein Wunsch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Ursprünglich hätte ein Großteil dieses Betrags gleich vorab im Jahr 2013 bezahlt werden müssen. 2013 stehen in Deutschland aber Bundestagswahlen an. Merkel wird als Wahlzuckerl die Steuern senken wollen. Müsste sie im Wahljahr die Hälfte des deutschen Beitrags von 21,7 Milliarden Euro an den neuen Eurofonds überweisen, würde das die Nettokreditaufnahme der Bundesrepublik für dieses Jahr schlagartig erhöhen.

Sprich: Die Kanzlerin könnte weniger Steuergeschenke machen, weil sich Deutschland in diesem Jahr höher als sonst verschulden müsste. Ein Problem für die per Verfassungsgesetz festgeschriebene deutsche „Schuldenbremse“ sind die ESM-Zahlungen hingegen nicht. Als Gegenwert für die Einzahlungen bekommen die Mitgliedstaaten Anteile an dieser neuen internationalen Finanzorganisation mit Sitz in Luxemburg, wo bereits der EFSF residiert. Das ist auch der Grund, wieso diese Einzahlungen nicht die Stabilitätspaktregel über das jährliche Defizit berühren, sehr wohl aber den Gesamtschuldenstand. Die restlichen 620 Milliarden Euro bestehen aus Bürgschaften und Kapital, das sie in ihren staatlichen Budgets für eine etwaige Verwendung im ESM reservieren, aber nicht direkt einzahlen müssen. Der ESM muss dieses Geld jederzeit abrufen können.

Der neue Währungsfonds wird diese 700 Milliarden Euro als Sicherheit verwenden, um mit höchster Kreditwürdigkeit – dem oft zitierten AAA-Rating – Anleihen an den Finanzmärkten zu begeben. Mit diesem Geld wird er Rettungsaktionen der Art finanzieren, wie sie der EFSF bereits seit November 2010 für Irland laufen hat.

Sprich: Geld gegen harte Reformen. Und zwar nicht nur Budgetreformen, wie Kanzlerin Merkel nach dem Gipfeltreffen klarmachte: „Das gesamte Denken in einigen Mitgliedstaaten hat sich verändert, dass nicht nur spekulative Angriffe der Märkte, sondern auch eigene Probleme zur Krise beigetragen haben und man das nur durch Strukturreformen bewegen kann.“

Private Gläubiger kommen dran

Sucht ein Euroland um Hilfe an, prüfen Europäische Kommission und Internationaler Währungsfonds in Absprache mit der Europäischen Zentralbank, ob die Stabilität des Euro als Ganzes gefährdet und wie viel Geld nötig ist. Sie können dann entweder direkt einen Kredit gewähren oder dem betroffenen Staat Anleihen auf dem Primärmarkt abkaufen.

Kann der Staat trotz dieser Hilfen seine Schuld nicht wesentlich verringern, kommen seine Gläubiger (Banken, Fonds und sonstige Anleger) zum Handkuss. Der Staat muss dann „bona fide aktive ehrliche Verhandlungen aufnehmen, die darauf abzielen, sie in die Wiederherstellung einer tragbaren Verschuldung einzubeziehen“. Darum werden, wie berichtet, ab 2013 alle Euroländer entsprechende Umschuldungsklauseln mit ihren Gläubigern vereinbaren müssen, wenn sie Anleihen begeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2011)

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