Schulden: Düstere Aussichten für Griechenland

(c) EPA (Karl-Josef Hildenbrand)
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Das griechische Defizit für das Jahr 2010 ist noch höher als erwartet. Die Regierung in Athen muss weitere Milliarden einsparen. Der IWF stellt sich hinter Griechenland, aber wie lange noch?

Wien/Hie/Ag. Wie schlimm ist es um Griechenlands Finanzen nun wirklich bestellt? Die Antwort auf diese Frage ändert sich in regelmäßigen Abständen. Das EU-Sorgenkind hat im Vorjahr ein Defizit von 10,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes angehäuft, berichteten griechische Medien vergangene Woche. Ein herber Rückschlag für die Regierung. Denn der Sparhaushalt für das laufende Jahr wurde auf Basis der ursprünglichen Daten erstellt, die von 9,4 Prozent Defizit ausgegangen sind. Mit der Korrektur nach oben – die offiziellen Zahlen folgen Ende April – steigt nun auch der Sparbedarf. Und zwar um bis zu 3,5 Mrd. Euro, wie die griechische Tageszeitung „Kathimerini“ berichtet.

Dennoch: Offiziell will noch niemand von einer griechischen Tragödie sprechen. So erhielt Athen Rückendeckung vom Internationalen Währungsfonds (IWF). „Der IWF unterstützt die Ablehnung Griechenlands einer Umschuldung und die Entschlossenheit der griechischen Regierung, ihren Verpflichtungen vollständig nachzukommen“, sagte eine Sprecherin am Sonntagabend. Alle Berichte, die anderes behaupteten, seien falsch.

Damit meinte die Sprecherin wohl den Artikel des deutschen „Spiegel“. Das Nachrichtenmagazin hatte am Samstag berichtet, dass der IWF auf eine baldige Umschuldung des Landes dränge, um den Schuldenberg zu reduzieren. Hochrangigen Vertretern des Währungsfonds zufolge gebe es demnach drei verschiedene Alternativen: einen Schuldenschnitt, die Verlängerung von Anleihenlaufzeiten oder niedrigere Zinszahlungen. Den Inhabern griechischer Staatsanleihen bliebe hingegen keine Wahl. In allen drei Fällen müssten sie auf einen Teil ihres Geldes verzichten.

Bei Ratingagenturen unten durch

Die griechische Regierung und der IWF weisen Überlegungen dieser Art zurück. Dem Bericht zufolge scheue sich der Währungsfonds noch, die Überlegungen öffentlich zu äußern – man wolle das angeschlagene Portugal nicht unter Druck setzen.

Realistisch wäre die Forderung jedoch allemal. Denn die meisten Experten gehen längst davon aus, dass Griechenland um eine Umschuldung nicht herumkommen wird. Das 110-Mrd.-Euro-Rettungspaket von EU und IWF läuft 2013 aus – viele Ökonomen rechnen damit, dass es Griechenland nicht gelingen wird, sich danach auf dem Kapitalmarkt zu refinanzieren. Selbst wenn sich das Land unter den jüngst beschlossenen dauerhaften EU-Rettungsschirm flüchtet, zahlen die Gläubiger mit.

Der griechische Schuldenberg ist bereits auf rund 150 Prozent des BIPs angewachsen. Neben Portugal ist Griechenland der einzige EU-Staat, der es auch heuer nicht aus der Rezession schaffen wird: Die griechische Wirtschaft soll 2011 um mindestens drei Prozent schrumpfen, für Portugal werden 0,7 Prozent minus prognostiziert.

Die Ratingagenturen haben Griechenland so gut wie aufgegeben. So hat die US-Bewertungsgesellschaft Standard & Poor's das Rating von langfristigen Staatsanleihen in der Vorwoche erneut um zwei Stufen auf „BB–“ gesenkt und vor weiteren Herabstufungen gewarnt. Während die hellenischen Schuldscheine damit bei S&P noch unter „spekulativ“ rangieren, bezeichnet Mitbewerber Moody's sie bereits als „hoch spekulativ“. Der Unterschied ist gering: Den „Ramsch“-Status haben sie in beiden Fällen.

25 Milliarden Euro bis 2015

Die Regierung in Athen versucht unterdessen Kasse zu machen, wo es nur geht: In den kommenden Jahren will sie durch Privatisierung von Staatseigentum 50 Mrd. Euro lukrieren. Verkauft werden sollen Anteile an Flughäfen, Häfen, der staatlichen Lotterie und der Eisenbahn. Außerdem wurden die Steuergesetze verschärft: Wer dem Fiskus künftig Abgaben vorenthält, der muss mit höheren Geld- und Freiheitsstrafen rechnen.

Mit einem drastischen Sparkurs will Athen die Neuverschuldung heuer auf 7,4 Prozent drücken. Nach Schätzungen griechischer Medien müssen bis 2015 rund 25 Mrd. Euro gespart oder zusätzlich eingenommen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2011)

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