Felderer zu Portugal: "Socrates war kein Verrückter"

Jose Socrates hätte es nach Felderer schaffen können
Jose Socrates hätte es nach Felderer schaffen können(c) AP (Jose Sena Goulao)
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Der IHS-Chef Felderer meint, Portugal hätte es auch ohne Hilfe schaffen können. Kritik an der Finanzhilfe für Portugal kommt von der Oppositionsparteien.

Dass Portugal nun doch noch unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft ist, hätte sich nach Ansicht von IHS-Chef Bernhard Felderer vermeiden lassen. "(Jose) Socrates ist kein Verrückter gewesen, er hatte eine realistische Chance", sagte Felderer am Donnerstagnachmittag zur APA. Was dem Premier gefehlt habe, sei die Unterstützung im eigenen Land gewesen, die Opposition habe seine Minderheitsregierung "auflaufen lassen".

Refinanzierung war letztes Endes zu teuer

Die "Attraktivität des Rettungsschirms ist beschränkt", so der Wirtschaftsforscher, Irland und Griechenland müssten noch immer hohe Zinsen zahlen, der Schirm habe ihnen letzten Endes wenig gebracht. Aber nicht nur am innenpolitischen Widerstand sei die Regierung in Lissabon gescheitert. "Noch vor vier Wochen konnten sie mit Recht sagen: Eine Durchschnittsverzinsung von 3,6 Prozent, das können wir lange durchhalten", erklärte Felderer. Zuletzt habe sich Portugal aber auf dem Geldmarkt nur noch zu sehr hohen Kosten refinanzieren können. Die Durchschnittsrendite für eine Anleihe mit sechs Monaten Laufzeit stieg gestern, Mittwoch, auf 5,117 Prozent, für 12 Monate wurden 5,902 Prozent Zinsen verlangt.

Ein entscheidender Faktor sei auch gewesen, dass es der Regierung nicht gelungen sei, das Budgetdefizit wie geplant von 8,6 auf 7,2 Prozent zu senken - im Gegenteil, es sei gegenüber dem Vorjahr sogar gestiegen. "Das war ein katastrophales Signal." Endgültig unhaltbar sei die Position der Regierung mit der Ankündigung der portugiesischen Banken am Dienstag geworden, keine Staatsanleihen des eigenen Landes mehr zu kaufen.

Dass es einen großen "Haircut" (Schuldenerlass) bei Portugal geben wird, glaubt der IHS-Chef nicht, "bei Griechenland schon eher". "Aber sie müssen über die Runden gebracht werden." Wenn es Lissabon gelinge, das Budgetdefizit zu reduzieren, sei das Problem des Landes nur temporär.

Opposition warnt vor "Fass ohne Boden"

Scharfe Kritik an den Finanzhilfen für Portugal kommt von FPÖ und BZÖ. Der Delegationsleiter der Freiheitlichen im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer, verlangte, "Disziplinlosigkeit beim Budget nicht durch Finanzhilfen aus einem Rettungsschirm oder einem sogenannten Stabilitätsmechanismus" zu belohnen. Darüber hinaus müsse die Möglichkeit eines Ausscheidens aus der Eurozone und zur Rückkehr zu eigenen nationalen Währungen geschaffen werden, so Mölzer. BZÖ-Obmann Josef Bucher warnte davor, weiter Geld "in ein Fass ohne Boden" zu pumpen. Spätestens jetzt sei es an der Zeit, dass die finanzschwachen Länder den Euroraum verlassen.

(APA)

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