„Island muss in die Währungsunion“

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Der Euro würde der isländischen Wirtschaft jene Stabilität geben, die kleine, offene Staaten allein nicht zustande bringen, sagt Islands EU-Botschafter zur „Presse“.

Brüssel. Wenn sich Thórir Ibsen, Islands Botschafter bei der EU, die Folgen der Finanzkrise auf sein Land vor Augen führen will, muss er nur einen Rundgang durch die Büros seiner Botschaft machen. Vor der Krise hatte er 20 Mitarbeiter. Heute sind es nur mehr 14. „Sparmaßnahmen“, sagt Ibsen im Gespräch mit der „Presse“.

Dieses gute Dutzend hat seit einem Jahr alle Hände voll zu tun mit der Vorbereitung des isländischen EU-Beitritts. Am 17. Juni 2010 begannen die Verhandlungen, und weil Island als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes seit Jahren am gemeinsamen Binnenmarkt teilnimmt und somit rund ein Drittel des EU-Rechts anwendet, galt das lange Zeit mehr oder minder als reine Formalität.

Die am Samstag stattfindende Volksabstimmung über das Abkommen zwischen Island, Großbritannien und den Niederlanden zur Beilegung des „Icesave“-Streits wirft allerdings einen Schatten auf die bilateralen Beziehungen.

Dabei geht es um die Frage, zu welchen Bedingungen die isländischen Steuerzahler britische und niederländische Sparer entschädigen müssen, die in Summe umgerechnet rund 3,8 Milliarden Euro bei besagter Bank veranlagt und verloren haben. Mit dem EU-Beitritt Islands hat „Icesave“ zwar nicht direkt zu tun. Scheitert aber eine Einigung, dürften sich Großbritannien und die Niederlande widerspenstig zeigen. Die aktuellste Umfrage sah die Gegner des Abkommens knapp in der Mehrheit, 24 Prozent sind unentschlossen.

„Das sind zwei komplett getrennte Angelegenheiten. Das ,Icesave‘-Thema ist ein Handelsstreit zwischen drei Staaten“, betont Ibsen. Das sieht auch die Europäische Kommission so. Sollte wider alle Erwartungen eine Einigung scheitern, würde der Efta-Gerichtshof die Causa entscheiden.

Island wolle so rasch wie möglich die Krone durch den Euro ersetzen, sagt Ibsen. „Das würde uns Stabilität bringen. Wohlstand ist unsere Aufgabe: Wir müssen hart arbeiten und clever sein, um eine florierende Wirtschaft zu haben. Aber wir müssen Teil einer breiteren monetären Union sein, damit das Ergebnis dieses Wohlstandes stabil bleibt. Der Euro bringt diese Stabilität – auch wenn wir heute ein paar Schwierigkeiten sehen.“

Harter Brocken Fischereipolitik

Der härteste Brocken ist die Fischereipolitik. Entgegen oft kolportierten Behauptungen müsse Island seine Gewässer nicht für ausländische Fangflotten öffnen, sagt Ibsen. Strittig ist aber, wie Fischbestände, die in der gesamten Nordsee umherwandern, gemeinsam bewirtschaftet werden sollen. „Wir meinen, dass es auch im Interesse der EU wäre, wenn wir unsere Fischbestände weiter selber verwalten. Erstens sind wir sehr erfolgreich darin, unsere Bestände nachhaltig zu bewahren. Zweitens ist so sichergestellt, dass Island eines Tages als wirtschaftlich selbstständiges Land beitritt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2011)

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