Portugal: Harte Reformen für 80-Milliarden-Kredit

Der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira Dos Santos war ein gefragter Interviewpartner
Der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira Dos Santos war ein gefragter Interviewpartner(c) AP (Virginia Mayo)
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Die EU wird die Verhandlungen über die Maßnahmen für den Hilfskredit mit der Übergangsregierung und der Opposition in Portugal führen. Das Hilfspaket soll bis Mitte Mai geschnürt sein.

Europas Finanzminister nehmen die nächste Milliarden-Rettung eines Euro-Landes in Angriff: Bis Mitte Mai soll ein Hilfspaket für das hoch verschuldete Portugal mit Notkrediten über rund 80 Milliarden Euro geschnürt werden, wie EU-Währungskommissar Olli Rehn im ungarischen Gödöllö mitteilte. Die Europäer werden rund zwei Drittel der Last - also rund 54 Milliarden Euro - stemmen, der Internationale Währungsfonds (IWF) das restliche Drittel.  Das erste Geld könnte schon vor den Neuwahlen Anfang Juni fließen. Auf Portugal kommen nun harte Einschnitte zu, da ein Sparprogramm und Wirtschaftsreformen Bedingung für die Hilfe sind.

Strukturreformen notwendig

Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) geht davon aus, dass das für die portugiesische Finanzhilfe notwendige Sparpaket "härter" sein wird als das zuletzt von der Minderheitsregierung in Lissabon vorgelegte und vom dortigen Parlament abgelehnte Maßnahmenpaket. Dies hatte dazu geführt, dass die Regierung von Ministerpräsident Jose Socrates zurücktrat. Die Übergangsregierung müsse ein klares Sparprogramm erarbeiten. Dabei müsse die Opposition eingebunden werden. Auch die neue Regierung ab Juni werde das Sparpaket umsetzen müssen.

Portugal ist nach Griechenland und Irland das dritte Euro-Land, das seine Schulden nicht mehr alleine in den Griff bekommt. Rehn kündigte an, dass die Verhandlungen über das Hilfspaket auch mit der portugiesischen Opposition geführt werden. "Wir rufen alle politischen Parteien in Portugal auf, schnell eine Einigung über das Anpassungsprogramm zu erzielen, und nach den Wahlen eine Regierung zu bilden, welche die vereinbarte finanzielle Konsolidierung sowie Strukturreformen umsetzen kann", erklärten die EU-Finanzminister.

Die Regierung, die nach langem Zögern am Mittwochabend mitgeteilt hatte, dass sie Finanzhilfe benötigt, wollte vermeiden, dass ihr Sparmaßnahmen diktiert werden. Darum wird das Land aber nun nicht mehr herumkommen. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker kündigte an, dass Portugal seinen Haushalt sanieren und Reformen zur Stärkung seiner Wirtschaft sowie des Finanzsektors einleiten muss. Portugals Volkswirtschaft gilt als unflexibel und unproduktiv und somit kaum wettbewerbsfähig. Rehn forderte ein "ambitioniertes Privatisierungsprogramm" zur Verringerung der Schulden.

Geld soll ab Juni fließen

Konkret sieht der Notplan folgendermaßen aus: Portugal soll Kredite aus dem Euro-Rettungsfonds bekommen. Experten von EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) beginnen nun umgehend damit, gemeinsam mit den portugiesischen Behörden die Höhe der benötigten Kredite festzustellen.

Aufgrund erster Schätzungen nannte Rehn einen Bedarf von rund 80 Milliarden Euro über vermutlich drei Jahre. Zudem soll mit der Regierung in Lissabon und den großen Oppositionsparteien bis Mitte Mai das Spar- und Reformprogramm ausgearbeitet werden. Nach der Wahl im Juni folgt mit der neuen Regierung die Klärung der letzten Details, damit das erste Geld fließen kann.

Trichet widerspricht de Sousa

EZB-Chef Jean-Claude Trichet hat sich gegen Berichte verwahrt, die Europäische Zentralbank habe Portugal zur Flucht unter den Rettungsschirm getrieben. Er widersprach am Freitag am Rande des EU-Finanzministertreffens in Ungarn dem Chef des portugiesischen Bankenverbandes, Antonio de Sousa. Dessen Darstellung zufolge soll die EZB die am Tropf der Zentralbank hängenden Institute des Landes angehalten haben, bei Staatsanleihen des Landes in den Käuferstreik zu treten.In einer beispiellosen Aktion haben die portugiesischen Banken am Montag einen Käuferstreik bei Staatstiteln angedroht, falls sich die Regierung nicht mit einem Hilfegesuch an die Europäische Union und den Internationalen Währungsfonds (IWF) wenden sollte.Laut Bankenverbandspräsident de Sousa haben die EZB und auch die Notenbank in Lissabon die Rolle der portugiesischen Banken bei der Refinanzierung des klammen Staates als nicht mehr haltbar erachtet und die Notbremse gezogen.

(APA)

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