EU-Rettungspaket für Portugal steht

Einigung ueber PortugalHilfe rueckt
Einigung ueber PortugalHilfe rueckt
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Die Verhandlungen sind abgeschlossen: Portugal soll ein 78 Milliarden-Hilfspaket erhalten. Dafür muss das hoch verschuldete Land Tafelsilber verkaufen. Für den Defizit-Abbau erhalten die Portugiesen mehr Zeit.

Nun erhält auch das hochverschuldete Portugal Milliarden-Hilfen von der EU und dem Internationalem Währungsfonds. Alle Seiten hätten sich nach dreiwöchigen Verhandlungen auf die Bedingungen für ein Rettungspaket verständigt, sagte der geschäftsführende portugiesische Ministerpräsident Jose Socrates am Dienstagabend. Das offizielle grüne Licht von EU-Kommission, IWF und EZB steht noch aus, ist aber sehr wahrscheinlich.

Reuters will aber von einem Verhandlungsinsider erfahren haben, dass es um "78 Milliarden Euro" geht. EU und IWF räumten Portugal aber mehr Zeit zum Defizit-Abbau ein. Socrates zufolge sollen die Hilfen über drei Jahre laufen.

Dem Land droht nun eine längere Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt werde 2011 und 2012 voraussichtlich um zwei Prozent schrumpfen, erfuhr Reuters von einer mit dem Details des Rettungspakets vertrauten Person.

Das Tafelsilber muss verkauft werden

Portugal muss im Gegenzug für die milliardenschweren Hilfskredite von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) Tafelsilber verkaufen. Bis 2013 sollen 5,3 Milliarden Euro durch Privatisierungen erlöst werden, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von einer mit dem Details des Rettungspakets vertrauten Person. Die Einigung sehe auch eine bessere Kapitalausstattung der Banken vor. Bis zu zwölf Milliarden Euro sollen dafür verwendet werden. Die harte Kernkapitalquote der Banken (Core Tier-1) soll so bis Jahresende auf neun Prozent und bis Ende 2012 auf zehn Prozent erhöht werden.

Socrates äußerte sich zu den Bedingungen, die Portugal im Gegenzug für die Hilfen erfüllen muss, kaum. Er sagte lediglich, geplant sei, Renten von über 1500 Euro zu kürzen. Es ist aber klar, dass die Bedingungen für Portugal ebenso wie jene für Griechenland und Irland auf Steuererhöhungen und Kürzungen im öffentlichen Dienst hinauslaufen. Zudem könnten Arbeitsmarktreformen auf die Agenda kommen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die Schritte werden wohl schärfer ausfallen als das jüngst im Parlament gescheiterte Sparprogramm. Gewerkschaften haben bereits massive Proteste angekündigt.

Vereinbart wurde Socrates zufolge auch, dass Portugal mehr Zeit für den Abbau seines Staatsdefizits bekommt. So sei für 2011 das neue Ziel einer Verschuldung von 5,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vereinbart worden nach bislang geplanten 4,6 Prozent. Für 2012 seien jetzt 4,5 statt drei Prozent und für 2013 drei statt zwei Prozent vorgesehen.

Brüssel bestreitet Differenzen mit IWF

Die EU-Kommission hatte am Dienstag erklärt, die Verhandlungen über das Rettungspaket kämen gut voran und stünden kurz vor dem Abschluss. Es gebe auch keine Unstimmigkeiten in der Verhandlungstroika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF. In portugiesischen Medien hatte es geheißen, EU und IWF seien uneins über den Zeitrahmen, der dem hoch verschuldeten Land zum Defizitabbau gegeben werden soll. Auch über die Höhe der Finanzhilfen hätten beide unterschiedliche Ansichten gehabt. In Brüssel gilt die Gewährung von Kredithilfen für Portugal als schwieriger als die bereits geschnürten Pakete für Griechenland und Irland. Grund sei, dass sowohl die hohe Verschuldung des Staats als auch Schwierigkeiten im Bankensystem und Strukturreformen gleichzeitig angegangen werden müssten.

Wie entscheidet sich Finnland?

Nun blicken alle Beteiligten mit Spannung nach Finnland, wo etwaige Portugal-Hilfen vom Parlament gebilligt werden müssen. Die euroskeptischen "Wahren Finnen", die bei der jüngsten Wahl stark zugelegt hatten, haben sich gegen eine Rettung Portugals ausgesprochen. Beobachter gehen aber davon aus, dass die Partei ihre Haltung abschwächen könnte, sobald sie an der Regierung beteiligt ist. Die designierte finnische Regierung aus Konservativen, Sozialdemokraten und "Wahren Finnen" will die umstrittene Frage nach Angaben des designierten Ministerpräsidenten Jyrki Katainen bis zum 13. Mai klären.

Socrates hatte jüngst erklärt, seine Regierung hoffe auf eine Zusage des Hilfspakets auf dem Treffen der Finanzminister der Euro-Zone (Ecofin) am 16. Mai. Das Land hat nach eigenen Angaben ausreichend Geld bis Juni, muss danach aber wohl auf das Hilfspaket zurückgreifen.
Socrates war Ende März zurückgetreten, nachdem seine Minderheitsregierung im Parlament mit ihrem Sparprogramm zur Überwindung der Schuldenkrise gescheitert war. Am 7. April war Portugal dann unter den EFSF-Schutzschirm geflüchtet, dessen Details jetzt festgezurrt wurden. Am 5. Juni wird ein neues Parlament gewählt. Die sozialistische Partei von Socrates führt die jüngsten Wahlumfragen an.

(Ag.)

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