Griechenland: Top-Ökonom warnt vor Bürgerkrieg

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Ein Comeback der Drachme wäre das kleinere Übel für Griechenland, meint Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Die griechischen Banken seien sowieso pleite und müssten mithilfe der EU wieder neu aufgestellt werden.

Wien/Cim/Ag. Griechenland soll raus aus der Eurozone? Darüber zu spekulieren sei „fast kriminell“, sagt Griechenlands Ministerpräsident Giorgios Papandreou. Eurozonen-Chef Jean-Claude Juncker sprach von einer „dummen Idee“, seine Kollegen an der Spitze der Finanzpolitik Europas reagierten ebenso erbost. Man spreche nicht einmal in den Hinterzimmern über so ein Szenario, hieß es zu den Berichten, dass ein Euro-Ausstieg Griechenlands angedacht werde.

Hans-Werner Sinn, der Chef des Ifo-Instituts, spricht sich nun für einen Austritt aus der Eurozone als „das kleinere Übel“ aus. „Wenn Griechenland aus dem Euro austritt, könnte es abwerten und wettbewerbsfähig werden“, sagt Sinn in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Allerdings, gibt er zu bedenken, gebe es sofort einen Run auf die Banken, da die Griechen versuchen würden, ihr Geld noch in Euro in Sicherheit zu bringen. Die Banken wären pleite und müssten mithilfe der EU wieder neu aufgestellt werden.

Die Alternative sieht in seinem Szenario aber auch nicht rosiger aus: „Wenn Griechenland versucht, eine sogenannte interne Abwertung in dem nötigen Umfang von 20 bis 30 Prozent im Euroraum durch Kürzung von Löhnen und Preisen hinzukriegen, geriete es an den Rand des Bürgerkrieges.“ In dem Fall würden die Banken ebenfalls pleitegehen, weil die Firmen pleitegingen und ihre Kredite nicht zurückzahlen könnten. „Kurzum: Die Banken sind so oder so pleite. Doch bei einer internen Abwertung gibt es zudem ein Massensterben der Firmen“, so Sinn.

Wie funktioniert ein Ausstieg?

Kann ein Land den Euro überhaupt abschaffen? Die Rechtslage ist komplex: Ein Rückzug aus der Währungsunion sei nur möglich, wenn sich das Land aus der EU zurückzieht, schrieb EZB-Jurist Phoebus Athanassiou 2009 in einem Fachartikel. Ein EU-Austritt ist nach dem Vertrag von Lissabon möglich.

Das Magazin „The Economist“ hat ein anderes Szenario durchgespielt: Ein Land könnte eigenmächtig ein Gesetz beschließen, das vorsieht, dass die Gehälter seiner Bediensteten, staatliche Leistungen und Zinsen für Staatsschulden künftig in einer neuen Währung ausbezahlt werden. Der private Sektor müsste notgedrungenerweise nachziehen, ein neuer Wechselkurs würde sich automatisch einspielen. Sich so aus der Währungsunion zu winden wäre nur eine Lösung in höchster Verzweiflung: Schließlich müsste man den Kapitalverkehr und womöglich auch die Reisefreiheit einschränken, um Chaos zu verhindern.

Dass Griechenland seiner 327 Mrd. Euro Schulden ohne neue drastische Schritte und Hilfen Herr werden kann, daran wachsen die Zweifel. Ein Geheimtreffen europäischer Finanzminister am Freitagabend, das tunlichst vertuscht werden sollte, nährt diese. Die Hoffnung, dass Griechenland wie geplant schon 2012 auf eigenen Beinen steht und sich Geld auf dem Finanzmarkt holen kann, schwindet.

Im Juni sollte die nächste Tranche aus dem 110 Mrd. Euro schweren Hilfspaket zur Verfügung gestellt werden. Ob die Griechen die Sparauflagen dafür erfüllen können, ist mehr als unsicher. Eine Umschuldung gilt als immer wahrscheinlicher. Juncker sagte zuletzt, man habe eine Umschuldung bei dem Treffen am Freitag aber ausgeschlossen.

Iren hoffen auf Umschuldung

Die irische Regierung hofft indes auf eine Umschuldung für Griechenland, um auch in Irland zu einem Umdenken zu kommen. Die Regierung geht laut „Irish Mail“ davon aus, dass sich das Land innerhalb von drei Jahren einer Umschuldung unterziehen muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2011)

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