Am 18. Juli geht Athen das Geld aus

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Griechenland berät zu Wochenbeginn über radikale Sparpläne und milliardenschwere Privatisierungen. In zwei Jahren sollen 26 Mrd. Euro gespart werden. Eine Ratingagentur stellt die Bonität Italiens infrage.

Athen/Wien/Cim/Ag. Das Geld in der Staatskasse reicht nicht mehr lange. Kommt vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU und der Europäischen Zentralbank (EZB) kein grünes Licht für die nächste Tranche aus dem Rettungspaket, sei der Staat am 18. Juli zahlungsunfähig. Das berichtet die griechische Zeitung „Kathimerini“.

In Athen soll nun im Eilverfahren ein umfassendes Privatisierungsprogramm starten. Ministerpräsident Giorgos Papandreou muss ein neues Gesetz durchbringen, mit dem in den kommenden zwei Jahren 26 Mrd. Euro gespart werden sollen. 50 Mrd. Euro sollen bis 2015 durch den Verkauf von Staatseigentum in die Kassen fließen. Das von der EU geforderte Programm soll heute, Montag, oder am Dienstag präsentiert werden.

Das Kabinett wird zusätzliche Einschnitte bei den Gehältern im öffentlichen Dienst und Steuererhöhungen besprechen, berichten griechische Medien. Boni für Beamte und Mitarbeiter von Staatsbetrieben könnten gestrichen werden, auch Steuerfreibeträge dürften wegfallen, die Steuern auf alkoholfreie Getränke erhöht werden. Zudem könnte die Mehrwertsteuer für viele Produkte steigen. Das Parlament soll das Programm Anfang Juni billigen.

Wenige Tage vor der Präsentation der neuen Sparpläne hatte die Ratingagentur Fitch erneut die Kreditwürdigkeit Griechenlands herabgestuft. Die Bonität sank um drei Noten von „BB+“ auf „ B+“.

Privatisierung wie nach der DDR?

Das erste Stabilisierungsprogramm, das EU und IWF zur Bedingung für das 110-Mrd.-Euro-Hilfsprogramm gemacht haben, ist gescheitert. Ein Jahr nach der Rettung steht Griechenland mit 330 Mrd. Euro Schulden am Abgrund. Eine Umschuldung, so Papandreou, „steht nicht zur Debatte“. Eurozonen-Chef Jean-Claude Juncker hatte eine „sanfte Umschuldung“, vorgeschlagen, indem die Zahlungsverpflichtungen gestreckt werden. Zuerst müssten die Griechen aber ihr Budget konsolidieren.

Dazu schlägt Juncker „unseren griechischen Freunden“, wie er im „Spiegel“-Interview sagt, eine Privatisierung nach dem Vorbild der Treuhandanstalt zur Abwicklung des Staatseigentums der DDR vor. Dazu soll eine regierungsunabhängige Privatisierungsagentur gegründet werden, in der auch ausländische Experten sitzen würden. „Die EU wird die Privatisierungen so eng begleiten, als würden wir sie selbst durchführen“, so Juncker.

Griechen wollen Euro behalten

Der Euro steht bei den Griechen nicht zur Debatte. Nur 16 Prozent glauben, dass es dem Land mit der Drachme besser gehen würde. 66 Prozent fürchten, ohne Euro wäre man schlechter dran, so eine Umfrage des Instituts „Public Issue“.

Während man in Athen um die Rettung der Staatsfinanzen ringt, beginnt ein weiteres mediterranes Land zu wackeln. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) zweifelt an der künftigen Kreditwürdigkeit Italiens. Am Wochenende hat S&P den Ausblick für die langfristige Beurteilung von „stabil“ auf „negativ“ gesenkt. Grund dafür seien die schwachen Wachstumsaussichten und ein „stagnierender Reformwille“. Italiens Aussicht auf eine Reduktion der Schulden hätten sich vermindert, heißt es von S&P. Die Bonität Italiens werde aber weiterhin mit „A+“ bewertet.

Empörung in Rom

In Rom wies man die Zweifel empört zurück. Die Daten, auf deren Basis S&P zuletzt zu einer positiveren Beurteilung gekommen ist, seien „nicht nur gleich geblieben, sondern haben sich in einigen Bereichen sogar verbessert“, so Finanzminister Giulio Tremonti. Die Regierung bereite den Weg vor, um bis 2014 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

2010 stieg die Wirtschaftsleistung Italiens um 1,3 Prozent. Für heuer werden plus 1,1 Prozent erwartet. Gegen die hohe Staatsverschuldung, die im Oktober 2010 auf 1867,4 Mrd. Euro gestiegen war, verabschiedete die Regierung Ende 2010 ein 24-Mrd.-Euro-Sparpaket.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2011)

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