Griechische Banken vor dem Kollaps

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Die Athener Regierung plant den Aufbau einer „Bad Bank“, einer Müllhalde für Kredite und Anleihen, um einen Zusammenbruch des nationalen Finanzsystems zu verhindern.

Athen/Höll. In Griechenland hat sich die Situation am Wochenende zugespitzt: Am Freitagabend sind die Krisengespräche zwischen Opposition und Regierung über einen gemeinsamen Sparkurs gescheitert. Am Samstag veröffentlichte der „Spiegel“ Details aus einem streng geheimen Bericht des Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission, wonach das südeuropäische Land alle mit den internationalen Geldgebern vereinbarten Ziele verfehlt habe.

Die drei Institutionen nehmen gerade den Athener Staatshaushalt unter die Lupe. Vom Ergebnis der Überprüfung hängt es ab, ob im Juni die nächste Tranche der Hilfskredite ausbezahlt wird. Der IWF und die Athener Regierung bestritten am Sonntag, dass der Bericht schon fertig sei. „Die Beratungen mit den griechischen Behörden dauern an“, erklärte eine IWF-Sprecherin in Washington. Das Dementi war notwendig, um zu Wochenbeginn einen Kurssturz an den Börsen zu vermeiden.

Die Angst vor dem großen Knall

An den internationalen Aktienmärkten herrscht seit Wochen Unsicherheit. Viele Investoren befürchten wegen des hellenischen Dramas einen „großen Knall“ und halten sich mit Zukäufen zurück.

Experten wie Bank-Austria-Volkswirt Stefan Bruckbauer halten eine Umschuldung für notwendig. Das würde bedeuten, dass dem südeuropäischen Land rund 50 Prozent der Schulden erlassen werden. Dies hätte aber schwerwiegende Auswirkungen auf die Athener Großbanken, denn diese halten griechische Anleihen in Milliardenhöhe.

„Bei einem harten Schuldenschnitt würde das Bankensystem kollabieren“, warnte Jürgen Stark, Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, am Sonntag.

Der EZB-Experte hatte in der Vergangenheit mehrmals erklärt, eine Umschuldung sei unbedingt zu verhindern, weil sie auf den Finanzmärkten einen Knall auslösen könnte, gegen den die Lehman-Pleite ein laues Lüftchen war. Mit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 hatte sich die Finanzkrise verschlimmert.

Laut EZB-Ratsmitglied Nout Wellink besteht die Gefahr, dass die griechischen Finanzinstitute in Finanzierungs- und Liquiditätsnot geraten. Denn bei einer Umschuldung würde die EZB griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheiten akzeptieren. Das hätte zur Folge, dass sich die Athener Banken kein Geld mehr von der Zentralbank leihen können.

Um den Kollaps der Banken zu verhindern, erwägt die Athener Regierung jetzt den Aufbau einer „Bad Bank“, einer staatlichen Müllhalde für faule Kredite und Wertpapiere. Damit sollen die Finanzinstitute von der Last griechischer Staatsanleihen befreit und attraktiver für ausländische Käufer gemacht werden. Die Banken halten lokale Staatsanleihen von etwa 50 Mrd. Euro. Wegen der drohenden Restrukturierung sind die Papiere unverkäuflich. Mit der Errichtung einer „Bad Bank“ würde sich allerdings der Schuldenstand des Landes noch einmal deutlich erhöhen. In Athen gingen wieder tausende Menschen auf die Straßen, um gegen die Einsparungen und den Verkauf von Staatsfirmen zu protestieren. Ein Regierungssprecher beruhigte und sagte, die EU habe keinen Einfluss auf den Privatisierungsprozess.

Auf einen Blick

Viele Experten halten einen Schuldenerlass für Griechenland für notwendig. Dies könnte jedoch zu einem Kollaps des griechischen Finanzsystems führen, denn Athener Großbanken halten Staatsanleihen in Milliardenhöhe. Nun wird die Gründung einer staatlichen „Bad Bank“ geprüft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2011)

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