Griechenland: Die Stunde der Wahrheit schlägt

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Der IWF und die Euro-Gruppe dürften die Auszahlung der nächsten Milliardentranche verweigern, falls das Land seine Versprechungen nicht erfüllt. Die Troika prüft seit Anfang Mai die Bemühungen Athens.

Brüssel/Athen/Ag. Die Stunde der Wahrheit schlägt dem von der Pleite bedrohten Griechenland wahrscheinlich schon am Freitag: Wenn die Inspektoren des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission zu dem Ergebnis kommen, dass Griechenland seine Versprechungen nicht erfüllt hat, droht dem Land der Stopp dringend benötigter Finanzhilfen. Die Troika prüft seit Anfang Mai die Bemühungen Athens um eine Konsolidierung der maroden Staatsfinanzen. Bekommt Griechenland die nächste Tranche des 110 Mrd. Euro schweren Rettungspakets in Höhe von zwölf Mrd. Euro nicht, droht dem Land am 18. Juli die Zahlungsunfähigkeit.

Nachdem am Donnerstag durchgesickert war, dass der sogenannte Troika-Bericht gemischt ausfalle, bestätigte die deutsche Regierung indirekt einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, wonach sich der IWF an der Auszahlung der nächsten Tranche nicht beteiligen werde. Berlin sprach sogar von der Verweigerung zweier Geldgeber – des IWF und der Euroländer.

Der jüngste Stolperstein wurde Griechenland von der Ratingagentur Moody's in den Weg gelegt: Sie senkte die Bonitätsbewertung Griechenlands um drei Stufen von „B1“ auf „Caa1“. Griechische Staatspapiere haben somit Ramschstatus und stehen auf einer Stufe mit Kuba. Moody's droht zudem mit weiteren Herabstufungen. Die Agentur spricht offen aus, was europäische Politiker noch nicht laut zu denken wagen: dass es der griechischen Regierung nicht gelingen werde, die Finanzlage ohne Umschuldung in den Griff zu bekommen. Griechenlands Premier Giorgos Papandreou reagierte verstimmt, wobei zwischen den Zeilen seines Statements die Nervosität sichtbar war: Der Schritt von Moody's berücksichtige nicht die Bemühungen der Regierung, die Zielvorgaben der EU zu erfüllen und die Privatisierung zu beschleunigen, sagte er.

Papandreou trifft sich heute, Freitag mit dem Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker. Der griechische Ministerpräsident will nicht auf den Troika-Bericht warten und Juncker mit einem verschärften Sparprogramm milde stimmen. Demnach will Athen rund 75 staatliche Institutionen zusammenlegen oder schließen. Damit sollen 650 Mio. Euro eingespart werden, was sich schon im Haushalt 2012 auswirken wird. Zudem sollen staatliche Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen rund 6,4 Mrd. Euro bringen. Außerdem arbeitet das Land offenbar am Aufbau einer Art Treuhandanstalt zu Privatisierung von Staatsbesitz, die nach einem Bericht des „Handelsblatts“ regierungsunabhängig sein soll. Bei den Privatisierungen könnten staatliche Vermögenswerte als Sicherheiten für Geldgeber herangezogen werden.

Deutsche Telekom stockt auf

Die Deutsche Telekom springt offenbar als erster Retter in die Bresche: Sie will ihren Anteil an der Telekomgesellschaft OTE um zehn Prozent aufstocken und dafür 411 Mio. Euro zahlen.

Während des spannungsgeladenen Wartens auf den Troika-Bericht, der Freitagabend vorliegen soll, kochten alternative Rettungspläne hoch: Deutschland pocht im Fall von Krediterleichterungen darauf, dass private Gläubiger des Landes einbezogen werden. Wie das aussehen könnte, ließ ein Sprecher des Finanzministeriums aber offen. Ein Vertreter des IWF brachte eine Umschuldungsvariante ins Spiel, wonach Banken aufgefordert werden sollten, die Laufzeit griechischer Staatspapiere mit Fälligkeiten zwischen 2012 und 2014 freiwillig um drei Jahre zu verlängern. Dies würde den griechischen Mittelbedarf pro Jahr um zehn Mrd. Euro senken. Außerdem liegt ein zweites, mittelfristig angelegtes Hilfspaket für Griechenland über rund 65 Mrd. Euro in der Luft.

Auf einen Blick

Griechenland kämpft gegen die Pleite: Sollte der Bericht von IWF, EU-Kommission und EZB besagen, dass Athen seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, könnte die nächste Tranche des 110 Mrd. Euro schweren Rettungspakets nicht ausbezahlt werden. Die Ratingagentur Moody's hat die Bonität Griechenlands stark herabgestuft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2011)

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