Schuldenkrise: Weitere zwölf Milliarden für die Griechen

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Europäische Union, Europäische Zentralbank und Internationale Währungsfonds geben die nächste Tranche der Hilfskredite für Griechenland frei. Damit ist die Pleite des südeuropäischen Landes vorerst abgewendet.

Wien/Athen. Banken und Investoren, die griechische Anleihen halten, dürfen vorerst einmal aufatmen: Die Risikoaufschläge für griechische Schuldenpapiere sind am Freitag gesunken. Auch die Kreditausfallsversicherungen, mit denen sich Investoren vor einer Pleite des südeuropäischen Landes absichern, haben sich verbilligt.

An der Börse in Athen kletterten die Kurse von griechischen Banken um mehr als fünf Prozent nach oben. Denn der erwartete Stopp der Hilfszahlungen ist vorerst vom Tisch. Laut Angaben der Athener Regierung konnten die Verhandlungen mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) „positiv“ abgeschlossen werden.

Zweites Hilfspaket wahrscheinlich

Vertreter der Europäischen Zentralbank, der EU und des IWF nahmen in den vergangenen Wochen den griechischen Staatshaushalt unter die Lupe. Zwar hat Griechenland einige der bisherigen Versprechungen noch nicht erfüllt. Trotzdem beschlossen nun die EU und der IWF, die nächste Tranche der Hilfsgelder von zwölf Milliarden Euro freizugeben. Private Investoren sollen sich „auf freiwilliger Basis“ daran beteiligen, sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Das hoch verschuldete Land wäre ohne die Milliarden Mitte Juli zahlungsunfähig gewesen. In Summe umfasst das in mehreren Tranchen ausbezahlte und bereits im Vorjahr fixierte Kreditprogramm 110 Milliarden Euro.

Damit ist es aber nicht getan. Denn Griechenland sitzt auf einem Schuldenberg von 350 Milliarden Euro und braucht deutlich mehr Geld als angenommen. Nach der Einigung am Freitag gilt es als wahrscheinlich, dass die EU und der Währungsfonds zu den 110 Milliarden Euro noch einmal bis zu 65 Milliarden Euro zuschießen. Bereits Donnerstagabend haben sich dazu Vertreter des Wirtschafts- und Finanzkomitees (EFC) der Eurozone bei einem Treffen in Wien in groben Zügen auf weitere Unterstützungsmaßnahmen geeinigt.

Das EFC-Gremium bereitet das nächste Treffen der EU-Finanzminister am 20. Juni vor. Dort soll die Aufstockung der Hilfsgelder fixiert werden.

Den Verhandlungen nahestehender Personen zufolge soll das neue Hilfspaket über drei Jahre laufen. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass sich Griechenland bis 2012 wieder Geld auf dem freien Kapitalmarkt leihen kann. Davon ist jetzt keine Rede mehr.

Eine Milliarde aus Österreich

Für Österreich bedeutet dies erhebliche Zusatzbelastungen. Ende Juni wird Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) die nächste Tranche der Hilfskredite für das südeuropäische Land in der Höhe von 153 Millionen Euro überweisen. Bis dato flossen von Wien bereits 1,2 Milliarden Euro nach Griechenland. Der gesamte Österreich-Anteil am 110 Milliarden Euro schwere Hilfspaket beläuft sich auf 2,3 Milliarden Euro. Mit der in Aussicht gestellten Ausweitung der Hilfsgelder muss Österreich eine weitere Milliarde Euro beisteuern.

Um die Zustimmung der Euroländer zu erhalten, traf sich Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou am Freitag mit Eurogruppen-Chef Juncker und legte ein neues Sparprogramm vor. Demnach will Athen bis Ende 2015 rund 78 Milliarden Euro aufbringen. 50 Milliarden Euro davon soll der Verkauf von staatlichen Unternehmen bringen. Die restlichen 28 Milliarden Euro müssen durch Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen eingespielt werden. Allein heuer will Griechenland 6,4 Milliarden Euro einsparen. Dies entspricht 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Papandreou versicherte, dass Athen entschlossen sei, alle Maßnahmen in die Tat umzusetzen. Die entsprechenden Gesetze sollen demnächst im Ministerrat besprochen werden.

Finanzministerium besetzt

In Athen wächst jedoch der Widerstand gegen die Papandreou-Regierung. Opposition, Gewerkschaften und auch einige Abgeordnete der Regierungspartei Pasok lehnen weitere Einschnitte ab. Am Freitag stürmten Demonstranten das griechische Finanzministerium. Beobachter sehen Parallelen zu Argentinien, das Ende 2001 die Zahlung der Auslandsschulden einstellte. Mehrmals wurde dort die Regierung aus dem Amt gejagt, bis die Bevölkerung ein modifiziertes Sparpaket akzeptierte.

In trockenen Tüchern ist die Ausweitung des Hilfspakets noch nicht. In vielen europäischen Ländern – wie etwa in Deutschland – bedarf es der Zustimmung durch die nationalen Parlamente. Dem Vernehmen nach fordert die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, dass private Gläubiger stärker einbezogen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2011)


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