Griechische Staatsfirmen sind Gift für Investoren

Griechische Staatsfirmen sind Gift
Griechische Staatsfirmen sind Gift(c) REUTERS (YIORGOS KARAHALIS)
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Griechenland erhält weitere zwölf Milliarden Euro an Hilfsgeldern. Veraltete Vorschriften und ein Filz aus Bürokratie und Korruption gefährden die Privatisierung, die die leeren Staatskassen auffüllen soll.

Die Griechen haben es – wieder einmal– geschafft: Premier Giorgios Papandreou hat den IWF, die EU und die EZB weichgeklopft und ihnen die nächste Tranche von zwölf Milliarden Euro des in Summe 110 Milliarden Euro schweren Rettungspakets aus der Tasche gezogen. Die braucht das Land, sonst ist es Mitte Juli Pleite. Papandreou hat dafür – wieder einmal – mehr Einsparungen und raschere Privatisierungen versprochen. Dafür soll eine eigene Privatisierungsagentur sorgen.

Der Verkauf des Tafelsilbers soll rund 50 Milliarden Euro bringen und bildet den Schlüssel zur Sanierung der Staatsfinanzen. Allerdings haben das die Hellenen schon vor einem Jahr versprochen, als IWF und EU das Rettungspaket schnürten. Seither ist genau nichts geschehen. Außer, dass die Gewerkschaften gegen den Sparkurs und die Privatisierungspläne mobil machen. Für 15. Juni ist der nächste Generalstreik geplant – genau richtig zum Beginn der Ferienzeit.

Die mächtigen Gewerkschaften bilden in der Tat den Knackpunkt: Will die Regierung tatsächlich Staatsfirmen verkaufen, muss sie den Filz aus veralteten Arbeitsbestimmungen und Korruption aufbrechen – und vor allem Kündigungen ermöglichen, die jetzt unmöglich sind. Die zur Disposition stehenden Unternehmen – der Telekomkonzern OTE, die Post, die Postbank, die Stromfirma PPC, Flughäfen und Häfen – sind alles andere denn Filetstücke. Die Bürokratie macht sie eher zum Gift für Investoren. Bis heute gibt es auch kein Landkataster und keinen Raumordnungsplan, der Käufern Rechtssicherheit bieten würde.

Selbst der ehemalige Finanzminister Stefanos Manos ist pessimistisch: „Wenn sich nichts verändert, ist der Verkauf von Staatsbetrieben unmöglich – oder sie bringen nur zehn Prozent ihres Wertes ein.“

Billiger Strompreis. Beim größten Stromerzeuger PPC heißt die Hürde Strompreis. Staatliche Vorschriften machen Strom in Griechenland so billig wie in kaum einem anderen europäischen Land. Außerdem ist bisher völlig unklar, wie einer der größten Luftverschmutzer Europas ab 2013 etwa eine Mrd. Euro pro Jahr für fällige CO2-Emissionsrechte aufbringen soll. Zudem hat die EU dem Unternehmen ein Ende der Monopolstellung bei Kohle verordnet.

Auch beim möglicherweise größten Schatz gibt es Fallstricke: Dem Glücksspiel- und Sportwetten-Monopolisten OPAP, der mit rund vier Mrd. Euro bewertet wird, drohen Klagen von Wettbewerbern. Die Postbank und die Landwirtschaftsbank ATE stecken wiederum tief in griechischen Staatsanleihen, die viele Investoren nicht einmal mit spitzen Fingern anrühren wollen. „Solange das Portfolio nicht zu mindestens 50 Prozent abgeschrieben wird, fasst das kein Ausländer an“, resümiert Tania Gold von der UniCredit.

Athen weiß das alles offenbar, denn es will mit einer leichten Übung – dem Telekomkonzern OTE – starten. Die Deutsche Telekom, die schon 30 Prozent hat, ist verpflichtet, weitere zehn Prozent zu einem Fixpreis von rund 400 Mio. Euro zu erwerben.

Über manch ein Verkaufsobjekt braucht sich Athen nicht den Kopf zu zerbrechen: Die Inseln sind genauso tabu wie die Akropolis. Und die Fluglinie Olympic ist schon längst pleite und wurde danach mehrmals zu Tode privatisiert. Hoffentlich erinnert man sich daran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2011)

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