Bank-Austria-Chef: "Marshall-Plan" für Griechen

Marshallplan in Griechenland
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Bank-Austria-Chef und Präsident des Bankenverbands, Willibald Cernko, schlägt vor, den Griechen auch abseits der Schuldenproblematik zu helfen. So hätte das Land eine Perspektive.

Bank-Austria-Chef Willibald Cernko, seit Juni auch Präsident des Bankenverbands, sieht puncto Griechenland die gesamte Europäische Union am Zug. "Europa muss sich dem Thema stellen", sagte Cernko. Erneut sprach er sich für eine Fristerstreckung von Rückzahlungen aus. Von einem sofortigen Schuldenerlass hielte er nichts, jedoch sei es "unbestritten, dass Zeitgebung ein Thema sein kann", was "mit realistischen Grundlagen verbunden sein muss".

Mit günstigen Finanzierungskonditionen könne man "ähnliche Effekte" erreichen wie mit einem sofortigen Schuldenerlass - "aber über viele, viele Jahre verteilt", so Cernko. Letztendlich gehe es ja auch um die "Belastungsfähigkeit des ganzen Systems".

"Begrifflichkeiten wie Marshall-Plan"

Notwendig sei außerdem, "dass wir dort wieder Arbeit hinbringen"; konkret denkt Cernko an "Begrifflichkeiten wie Marshall-Plan". Durch die Osterweiterung sei Griechenland nämlich "ein bisschen zur Seite gedrängt" worden, so Cernko. Am Ende "dieses sehr langen Tunnels" müsse es auch wieder Licht geben "und die Fähigkeit - auch wenn Fristerstreckung gegeben ist - die Schulden wieder zu bedienen."

Zwingende Voraussetzung für die Hilfen sei freilich eine "hohe Disziplin" der Griechen selbst, bzw. die Bereitschaft zu Reformen, so der UniCredit-Banker bei einer Pressekonferenz des Bankenverbands.

"Konzise Problemlösung"

Wie Cernko mahnte auch sein Vorgänger im Bankenverband, der langjährige BAWAG-Vize Stephan Koren, europäische Solidarität ein. "Es  ist besser, eine konzise Problemlösung anzubieten als eine never ending story", meinte Koren. In dieselbe Kerbe schlug Cernko: Aus Sicht eines internationalen Investors, der auf Europa blicke, ergebe sich derzeit möglicherweise folgendes Bild: "Dieses Europa ist nicht in der Lage, mit 6 Prozent des BIP zurande zu kommen, das ist nämlich das Gewicht Griechenlands in Europa". Was nicht gerade ein gutes Licht auf die Problemlösungskompetenz der EU werfe.

 Dem Bank-Austria-Chef fehlt "der große gemeinsame Blick, die große gemeinsame Zukunft", wie er sagte. Die Griechenland-Debatte sei "angereichert durch viele Wortspenden", ein Konzept von "Europa 2020" liege nicht vor.

Pleite hätte fatale Folgen


Eine Pleite Griechenlands hätte fatale Folgen, sind sich die beiden Banker einig. Das "zarte Pflänzchen Aufschwung würde deutlich unter Druck geraten", warnte Cernko. Abgesehen von den Banken, die natürlich betroffen wären, gehe es um den gesamten Standort Europa. "Da ist nicht abschätzbar, welche Kettenreaktionen hier einsetzen würden", sagte Cernko. "Wenn die Banken hier unter Druck kommen, kommt natürlich massiv die klein- und mittelständische Wirtschaft in Österreich und in Europa unter Druck".

   Für Koren einer der "großen Fehler" beim Thema Griechenland: Bei sämtlichen Maßnahmen sei der Zeithorizont "viel zu kurzfristig" angesetzt worden. "Man muss dem Land schon Zeit geben, seine Anpassungen vorzunehmen. Wenn sie auf die Bremse steigen, wird das Auto ins Schleudern kommen."

(APA)

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