Bankenaufsicht ignoriert Warnungen vor Griechenland-Pleite

Bankenaufsicht ignoriert Warnungen GriechenlandPleite
Bankenaufsicht ignoriert Warnungen GriechenlandPleite(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Österreichs Finanzinstitute haben den Stresstest der Nationalbank bestanden. Über die Möglichkeit das Griechenland in den Bankrott schlittert wird nicht diskutiert, so OeNB-Bankenprüfer Philip Reading.

Wien/Höll. Der österreichische Finanzsektor ist in seiner Gesamtheit krisenfest. Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste Stresstest der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). In den vergangenen Wochen mussten sich alle Finanzinstitute einer ausführlichen Belastungsprobe unterziehen. Angenommen wurde, dass sich die Wirtschaft in Österreich und in Osteuropa deutlich abschwächt.

Derzeit kommen die sechs größten Banken des Landes, die systemrelevant sind und im Krisenfall vom Staat aufgefangen werden müssten, auf eine harte Kernkapitalquote von 8,5 Prozent. Im Krisenfall würde dieser Wert auf 7,4 Prozent sinken. Zieht man die im Zuge der Finanzkrise erhaltene Staatshilfe ab, wären es nur noch 6,4 Prozent. Durchgefallen wären die Banken, wenn sie weniger als fünf Prozent erreicht hätten.

Die Kernkapitalquote ist eine wichtige Messlatte für die Profitabilität von Finanzkonzernen. Sie gibt das Verhältnis vom Kernkapital (das von den Eigentümern eingezahlte Kapital plus einbehaltene Gewinne – sozusagen die eiserne Reserve für alle Fälle) zur Summe der Kredite an.

Die sechs größten Banken des Landes sind Bank Austria, Erste Bank, Raiffeisen Bank International, das Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG, Bawag und die Hypo Alpe Adria. Ob alle „Big Six“ den Stresstest bestanden haben, verrät die Nationalbank nicht. „Wir veröffentlichen keine Einzelergebnisse“, betont OeNB-Vorstand Andreas Ittner.

Dem Vernehmen nach soll jedoch die Hypo Alpe Adria weiterhin zu den Problemfällen gehören. Auch der ÖVAG ging es im Vorjahr so schlecht, dass sie nicht einmal die Zinsen für das Staatskapital zahlen konnte.

Nach den Daten der Nationalbank zeichnet sich auf dem österreichischen Finanzsektor eine Zweiteilung ab. So vergrößert sich der Abstand zwischen den Top-3-Banken (Erste Bank, Bank Austria und Raiffeisen), die wieder Milliardengewinne erwirtschaften, und den anderen Instituten zunehmend.

Nicht berücksichtigt wurde beim Stresstest eine Pleite Griechenlands. „So etwas diskutieren wir nicht“, sagt OeNB-Bankenprüfer Philip Reading. Denn das Engagement der heimischen Banken in den hoch verschuldeten Euro-Ländern Griechenland, Irland und Portugal sei mit 5,8 Mrd. Euro im Vergleich zum gesamten europäischen Finanzsektor gering. Von den 5,8 Mrd. Euro entfallen rund 4,5 Mrd. Euro auf die sechs größten Institute. Allerdings räumt die OeNB ein, dass es bei einem Bankrott Griechenlands zu Liquiditätsproblemen kommen könnte.

Immerhin müssen Österreichs Banken bis 2013 jeweils über 20 Mrd. Euro an Verbindlichkeiten tilgen.

Kredite werden teurer

Die OeNB fordert die Institute auf, sich mit mehr Eigenmitteln auszurüsten. Denn ausländische Banken, die ebenfalls in Osteuropa engagiert sind, verfügen über drei bis 3,5 Mrd. Euro mehr Eigenkapital als die heimischen Player.

Sorgen bereitet der Nationalbank das kaum sinkende Volumen an Fremdwährungskrediten bei privaten Haushalten. Dieses ist – umgerechnet auf Euro – im Vorjahr wegen des Höhenflugs des Schweizer Franken von 36,7 Mrd. Euro auf 39,7 Mrd. Euro gestiegen. Im ersten Quartal 2011 gab es zwar einen Rückgang auf 37,6 Mrd. Euro. Trotzdem entfallen aber immer noch 28 Prozent des gesamten Kreditvolumens der privaten Haushalte auf Fremdwährungskredite.

Laut früheren OeNB-Angaben klafft bei Franken-Krediten, die mit einem Tilgungsträger (wie Lebensversicherungen, Immobilienaktien oder Investmentfonds) zurückbezahlt werden, ein Loch von fünf Mrd. Euro.

Doch auch bei Euro-Darlehen müssen die Kreditnehmer – wegen des hohen Anteils variabler verzinster Kredite – mit beträchtlichen Zinsänderungsrisken leben. Die Europäische Zentralbank kündigte an, den Leitzins zu erhöhen. Dies wird zu einer Verteuerung der Kredite führen.

Der Nationalbank zufolge ist bei 83 Prozent der neu aufgenommenen Privatkredite der Zinssatz für weniger als ein Jahr fix.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2011)

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