Der Griechen-Sparplan: Steuern rauf, Inseln raus, Zahl der Beamten runter

(c) AP (Lefteris Pitarakis)
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Griechenland: Das Kabinett hat einen Sparplan für drei Jahre fixiert. Aber das angebotene Tafelsilber ist oft nur Blech.

Wien/Red. Die erste Hürde hat Giorgos Papandreou geschafft: Dienstagabend überstand der griechische Premier die Vertrauensabstimmung im Parlament in Athen. Sie galt weniger seiner Person als seinen unpopulären Sparplänen, die zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und Brüssel erstellt wurden. Schon am Mittwoch beschloss sein Kabinett diesen Krisenplan für die kommenden drei Jahre. Jetzt muss er noch das Parlament passieren.

Die Aufgabe wäre eines Herkules würdig: Bis 2015 müssen 78 Milliarden Euro aufgetrieben werden, gut ein Drittel der jährlichen Wirtschaftsleistung. Der größere Teil, nämlich 50 Milliarden, soll aus dem Verkauf von Staatsbesitz lukriert werden, der Rest durch Einsparungen bei Beamten und Pensionen sowie durch Steuererhöhungen.

Beim Ausverkauf staatlicher Besitztümer gibt es kaum noch Tabus. Im Vorjahr führte der Vorschlag eines deutschen Politikers, die Griechen mögen doch ihre unbewohnten Inseln verkaufen, zu einem Aufschrei der Empörung. Jetzt wird der polemische Ratschlag Realität, wenn auch nicht in großem Stil: Mehrere Felsen- und Kleininseln sollen den Besitzer wechseln. Sie stehen auf einer Liste mit 75.000 Häusern, Wohnungen und Grundstücken.

Airports auf Eilanden der Ägäis sind ebenso im Angebot wie 55 Prozent am Flughafen von Athen (40 Prozent besitzt schon der deutsche Baukonzern Hochtief). Dass auch 17Prozent der gewinnbringenden Elektrizitätsgesellschaft DEI zur Disposition stehen, ist der Gewerkschaft ein besonderer Dorn im Auge – im Falle eines Verkaufs will sie das Land mit Streiks „verdunkeln“. Dazu kommen die Lotterie, die Landwirtschaftsbank, die Eisenbahn, Anteile an Häfen sowie die Gas- und Wasserwerke von Thessaloniki. Dennoch: Nur etwa ein Sechstel des Staatsbesitzes im geschätzten Wert von 300 Milliarden wird auf den Markt geworfen.

Das bedeutet freilich nicht, dass es sich um attraktive Vermögenswerte handelt. Im Gegenteil: Das vermeintliche Tafelsilber ist oft nur Blech, viele der 30 angebotenen Betriebe schreiben Verluste. Auch die IWF-Delegation spricht statt von 50 Mrd. an Erlösen vorsichtiger von 15 Mrd. bis 2013 und einem dann „größeren Tempo“ bei den Verkäufen. Tatsächlich konnte seit Anfang 2010 so gut wie nichts versilbert werden. Es fehlt auch die versprochene Behörde, die das Inventar erstellen und Verkäufe vorbereiten soll.

Erzwungene Solidarität der Jachtbesitzer

Vielleicht fehlen ja die Beamten dafür: Deren Zahl soll von 727.000 auf unter 577.000 sinken, indem Stellen nicht nachbesetzt werden. Die Staatsdiener, deren Gehalt schon im Vorjahr im Schnitt um ein Fünftel gekürzt wurde, müssen wieder 40 statt 37,5Stunden pro Woche arbeiten, sie verlieren Zuschläge und ihr 13./14. Monatsgehalt wird durch kleinere Pauschalen ersetzt. Für Sozialleistungen und Arbeitslosengeld gelten bald strengere Kriterien. Das Militärbudget und geplante Investitionen werden zurechtgestutzt.

Aber auch bei der Kreation neuer Steuern zeigt sich Papandreous Regierung kreativ: Auf Luxusgüter wie Jachten, Schwimmbäder und teure Autos wird künftig eine „Solidaritätssteuer“ von ein bis vier Prozent erhoben. Auch Gas, Tabak und die Kfz-Zulassung werden teurer. Die Mehrwertsteuer steigt teilweise von 21 auf 23Prozent. Und wer unter 60 Jahren in Pension geht, zahlt in Zukunft eine Sondersteuer von acht Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2011)

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