Nach Portugal auch Italien unter Druck

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Die Ratingagentur Moody's stuft die Bonität Portugals auf "Ramsch"-Status herab. Der frühere IWF-Chefvolkswirt Simon Johnson warnt, dass Italien der nächste fallende Dominostein sein könnte.

Wien/Bloomberg/Ag./Gre/Höll. Seit der Vorwoche waren die Augen von Europas Finanzministern gebannt auf Griechenland gerichtet. In der Nacht auf Mittwoch gerieten jedoch auch wieder andere „Wackelkandidaten“ ins Blickfeld. So stufte die Ratingagentur Moody's die Bonität Portugals auf „Ramsch“-Status herab. Gleichzeitig wachsen die Sorgen über die finanzielle Situation Italiens.

„Wegen des prekären Finanzbildes könnte es das nächste Land sein, das unter Druck gerät. Und diesmal stehen US-Banken in der Schusslinie“, sagte Ex-IWF-Chefvolkswirt Simon Johnson. Denn Italien stehe bei US-Banken mit 35 Mrd. US-Dollar in der Kreide. Der Ökonom fordert, dass beim nächsten Bankenstresstest in den USA auch das Szenario einer Staatsanleihen-Umstrukturierung in Europa berücksichtigt wird.

Herabstufung Italiens droht

Laut Schätzungen der EU-Kommission wird Österreichs Nachbarland in diesem Jahr eine Gesamtverschuldung von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Damit hätte im Euroraum nur Griechenland eine höhere Schuldenlast. Die Ratingagenturen Standard & Poor's und Moody's drohen daher mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens. Die Renditen zehnjähriger italienischer Staatsanleihen sind erstmals seit 2008 auf fünf Prozent geklettert. Der Renditeabstand gegenüber deutschen Bundesanleihen, die als besonders sicher gelten, weitete sich auf zwei Prozentpunkte aus.

Italien muss im zweiten Halbjahr 2011 rund 175 Mrd. Euro an auslaufenden Staatsanleihen refinanzieren und 245 Mrd. Euro im nächsten Jahr. Das entspricht 26 Prozent der Schuldenlast des Landes. Zum Vergleich: Bei Großbritannien sind es im gleichen Zeitraum nur 13 Prozent. „Wenn die Finanzierungskosten noch weiter steigen, dann wird das für die Regierung in Rom eine Herausforderung“, meint William De Vijlder, Analyst bei BNP Paribas. Um die Spekulationen zu beenden, stellte Italiens Finanzminister Giulio Tremonti am Mittwoch Einzelheiten des in der Vorwoche verabschiedeten Sparprogramms vor.

Der Chef der Bank-Austria-Mutter UniCredit, Federico Ghizzoni, bestreitet, dass Italien eine Pleite droht. Das Land lasse sich nicht mit Griechenland vergleichen. Zwar habe das Land eine hohe Gesamtverschuldung, das Budgetdefizit sei mit rund vier Prozent jedoch geringer als in vielen anderen EU-Ländern. UniCredit ist die größte Bank Italiens und hält nach eigenen Angaben italienische Staatsanleihen in der Höhe von 35 Mrd. Euro.

Empörung über Portugal-Rating

Auf Unverständnis stieß Moody's Neubewertung von Portugal. Die Kreditwürdigkeit des Landes wurde gleich um vier Noten herabgestuft. Die portugiesischen Staatsanleihen werden ähnlich wie die griechischen als hochspekulativ eingestuft und gelten nun als „Ramsch“. Zugleich stellte die Ratingagentur Portugal weitere Abstufungen in Aussicht: Der Ausblick bleibt negativ.

Moody's begründete die Entscheidung damit, dass weitere Hilfszahlungen notwendig wären, um die Staatsfinanzen zu stabilisieren, bevor sich die Regierung in Lissabon wieder an den Kapitalmärkten mit Geld versorgen kann. Außerdem würde die Gefahr einer Beteiligung privater Anleger an der Rettung Portugals steigen. Dies könnte mit einem Forderungsverzicht der Investoren verbunden sein. Moody's bezweifelt auch, dass Portugal seine Budgetziele erreichen kann. Nach einem Haushaltsdefizit von 9,1 Prozent des BIPs soll das Defizit bis 2013 auf drei Prozent gesenkt werden.

Die EU-Kommission reagierte auf die Expertise mit Empörung: Denn erst Ende August würde die Wirkung des ersten internationalen Hilfspakets untersucht. Schon jetzt auf die Notwendigkeit eines zweiten Hilfspakets zu schließen, sei verfrüht, hieß es in Brüssel.

Die Märkte reagierten prompt auf die Entscheidung der Ratingagentur. Die Zinsaufschläge auf portugiesische Anleihen stiegen. Portugal war erst im Frühjahr unter den Eurorettungsschirm geschlüpft. In der ersten Runde wurden dem Land 78 Mrd. Euro an Hilfsgeldern von EU und IWF zugestanden. Diese werden innerhalb von drei Jahren überwiesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2011)

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