Irland: Der tiefe Fall des keltischen Tigers

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Noch vor drei Jahren hatte Irland Budgetüberschüsse und ein Triple-A-Rating. Heute gelten irische Anleihen als "Ramsch". Konkrete Auswirkungen hat das veränderte Rating für das Land allerdings vorerst nicht.

Wien. Unverständnis und Ärger: Mit diesen Gefühlsregungen reagierten am Mittwoch europäische Spitzenpolitiker auf die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Irlands auf „Ramsch“-Niveau durch die Ratingagentur Moody's am Dienstagabend. Irland habe in den vergangenen Monaten entschlossen gehandelt, um die Spar- und Reformmaßnahmen umzusetzen. Daher sei die Herabstufung „zumindest fragwürdig“, meinte etwa EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Dass Irland drastische Maßnahmen – etwa ein Sparpaket im Ausmaß von zehn Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts – gesetzt hat, wird auch von Moody's nicht bestritten. So schreibt die Agentur in ihrer veröffentlichten Mitteilung: „Wir erkennen an, dass Irland einen starken Willen zur finanziellen Konsolidierung zeigt und die Vorgaben bisher erfüllt hat. Dennoch bleibt aufgrund der schwachen Wirtschaftslage eine große Unsicherheit.“

Privatbeteiligung als Grund für „Ramsch“

Gründe für die Herabstufung seien schlussendlich die „Erwartung, dass ein zweites Hilfspaket notwendig wird“, sowie die „steigende Wahrscheinlichkeit einer Beteiligung privater Gläubiger an den Hilfsmaßnahmen“. Und wegen Letzterer könne man Investoren nun nicht mehr zu einem Kauf irischer Anleihen raten. Die Beteiligung privater Gläubiger wird übrigens genau von jenen Politikern vehement gefordert, die nun die in der Folge durchgeführte Herabstufung des Ratings kritisieren.

Konkrete Auswirkungen hat das veränderte Rating für Irland (ebenso wie bei Griechenland und Portugal) vorerst nicht, da sich das Land zurzeit nur noch aus dem Rettungsschirm von EU und IWF finanziert. Allerdings dürfte die für 2012 geplante Rückkehr auf den Kapitalmarkt erschwert werden. Vor allem dann, wenn auch die beiden anderen wichtigen Ratingagenturen Fitch sowie Standard & Poor's nachziehen sollten. Beide haben sich in jüngster Zeit jedoch positiv über die Entwicklung Irlands geäußert.

Irland bleibt ein Sonderfall

Denn Irland ist und bleibt ein Sonderfall unter den europäischen Krisenstaaten. Anders als bei den mediterranen Ländern wie Griechenland oder Portugal gründen Irlands Probleme nicht in mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und dem langjährigen Ausbleiben von Wirtschaftsreformen. Irland galt vor dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 indes sogar als „keltischer Tiger“, mit einem Wirtschaftswachstum von durchschnittlich sechs Prozent, Budgetüberschüssen und einer Staatsverschuldung von lediglich 25 Prozent des BIP. Damals hatte Irland auch noch das beste Rating – ein Triple-A.

Wie im Süden brachte aber auch in Irland der Euro für das Land zu niedrige Zinsen. Die billigen Kredite flossen zwar nicht in den Konsum – sorgten aber für eine Überhitzung der Wirtschaft samt Immobilienblase. Und diese platzte 2008 mit einem lauten Knall. Irlands Großbanken hatten faule Kredite in dreistelliger Milliardenhöhe ausständig und standen vor dem Kollaps.

Das Land entschloss sich zur Bankenrettung und stellte einen Blankoscheck aus. Seither flossen 70 Milliarden Euro in die inzwischen verstaatlichten Institute, weitere 100 Milliarden Euro stellte die EZB. Die irische Staatsverschuldung schnellte von 25 auf 96 Prozent des BIP. Die Wirtschaft fiel in eine tiefe Rezession. Die Regierung war gleichzeitig zu mehreren harten Sparpaketen gezwungen, die Arbeitslosigkeit stieg auf 14 Prozent. Heuer soll Irlands Wirtschaft erstmals wieder wachsen – um 0,6 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2011)

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