Griechen-Hilfspaket wird überwiegend positiv aufgenommen

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In der Österreichischen Nationalbank und den Analyseabteilungen der Banken zeigt man sich über das am Donnerstag beschlossene Paket zur Rettung Griechenlands erleichtert. Kritik kommt vom Bund der Steuerzahler.

Wien/Ag./Weber. Das am Donnerstag beschlossene Paket zur Rettung Griechenlands wird von den meisten Beobachtern positiv bewertet. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny, der auch im EZB-Rat sitzt, sagte, die Chancen für eine tatsächliche Sanierung Griechenlands und für die Rückzahlung der Kredite seien damit gestiegen. Mit der Beteiligung von Banken und Versicherungen habe das Land „zumindest die reale Chance, die Pläne zu erfüllen“.

Erfreulich ist aus seiner Sicht auch, dass der Eurorettungsschirm EFSF künftig Staatsanleihen am Sekundärmarkt aufkaufen darf. Zwar hatte zuvor die EZB diese Aufgabe übernommen, permanent könne sie das aber nicht tun. Mit der Entscheidung, den EFSF mit neuen Kompetenzen auszustatten, habe sich Europa zudem unabhängiger von den Ratingagenturen gemacht, denn mit der Haftung des Rettungsschirms könne die EZB auch solche Anleihen als Sicherheit akzeptieren, die von den Ratingagenturen als „Selective Default“ beurteilt werden.

Ähnlich sieht das Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria. Es sei wichtig, dass der EFSF neue Waffen bekommen habe und damit zu einer Art „Währungsfonds“ für Europa werde. Für etwas bedenklich hält er die Tatsache, dass der Nachlass gegenüber Griechenland – bei einer Gesamtschuldenlast von 300 Millionen Euro – nur eine Erleichterung von vielleicht 20 bis 25 Millionen Euro bringen werde: „Ob das den Aufwand, dass wir jetzt eine Staatspleite im Euroraum haben, wert war?“

„Ein großer Schritt“

Friedrich Mostböck, Chefanalyst der Erste Bank, erwartet, dass das Paket eine vorübergehende Stabilisierung bringen wird. Es sei „prinzipiell mehr, als viele erwartet haben“. Der Investmentbanker Willi Hemetsberger lobte das Hilfspaket im Ö1-Radio gar als „einen großen Schritt mit realistischen Zielen.“ Wie die meisten Beobachter rechnet er damit, dass die privaten Investoren wohl auf gut 20 Prozent ihres Griechenland-Engagements verzichten werden müssen. Der deutsche Bankenverband hält die Belastungen für die privaten Banken insgesamt jedoch für „verkraftbar“. Im Gegenzug habe man für die nächste Zeit Ruhe.

Eine Milliarde in Griechenland

Was die österreichischen Institute betrifft, ließ ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter am Freitag durchblicken, dass die KA-Finanz, die „Bad Bank" der notverstaatlichten Kommunalkredit, an dem Programm zur Beteiligung privater Gläubiger teilnehmen könnte. Die Bank ist mit rund einer Milliarde Euro der größte heimische Gläubiger Griechenlands. Ein Nachlass im Umfang von zehn Prozent würde den österreichischen Steuerzahler mit hundert Millionen Euro treffen.

Erste Bank und ÖVAG wollen indes erst einmal die Details abwarten und prüfen, bevor man sich festlegt. Noch sei es zu früh, um zu sagen, wie hoch die Kosten sein werden.

Finanzministerin Maria Fekter würdigte den Beschluss jedenfalls als Beweis, „dass das Management in der Eurozone funktioniert". Man werde nicht zulassen, dass der Rettungsschirm EFSF zu einer Art „Bad Bank" der Eurozone werde. Auch für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bedeuten die neuen Kompetenzen des EFSF keinen Schritt in Richtung Transferunion: „Die darf es nach meiner Überzeugung nicht geben."

Kritik am Hilfspaket kommt indes vom Bund der deutschen Steuerzahler, da den Bürgern weitere 109 Milliarden Euro an Haftungsrisken umgehängt worden seien. Ähnlich sieht das der deutsche Wirtschaftsforscher Hans-Werner Sinn: Das zweite Rettungspaket sei eine schlechte Nachricht für die Steuerzahler. Zudem nehme die Entscheidung Griechenland aus der Verantwortung. Italien hingegen habe auf steigende Zinsen mit einem Sparprogramm reagiert, obwohl davor jahrelang politischer Stillstand geherrscht habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2011)

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