Kanadas Frauen verdienen mehr

Kanadas Frauen verdienen mehr
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In Kanada hat sich das Rollenverständnis von Frauen und Männern grundlegend geändert. In vielen akademischen Berufen sind Frauen in der Überzahl. Ein Drittel von ihnen verdient mehr als ihre Ehemänner.

Für Frauen wie Alexandra MacQueen ist Familienglück kein „feministischer Traum”. Die Projektleiterin bei der kanadischen Multimediafirma BlueRush in Toronto arbeitet Vollzeit und verdient mehr als ihr Ehemann. Dieser ist Angestellter einer anderen Medienfirma, erledigt seinen Job vom „Home Office“ und kümmert sich um die beiden Töchter. Gegenüber ihrer Familie und dem Freundeskreis ist die Arbeitsteilung kein Thema: „Ich hatte es nie darauf abgesehen, eine Führungskraft zu werden oder mehr Geld als mein Mann zu verdienen, es hat sich so ergeben“, sagt die 43-Jährige.

„Die Idee von fließenden Geschlechterrollen ist befreiend und zugleich spannend”, fügt sie hinzu.

Frauen wie MacQueen sind in Kanadas Wirtschaftsleben keine Ausnahme mehr. Daten von „Statistics Canada“ belegen, dass etwa 31 Prozent der Frauen mehr Geld verdienen als ihre Ehemänner. 1976 lag der Anteil bei zwölf Prozent. Der Erfolg kanadischer Frauen im Arbeitsleben geht einher mit mehr Hochschulabsolventinnen und steigenden Beschäftigtenzahlen in akademischen Berufen.


Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Warren Huska, der 48-jährige Ehemann von MacQueen, wiederum genießt es, stärker in die Erziehung der sechs und neun Jahre alten Töchter eingebunden zu sein. Es sei leichter, Beruf und Familie zu vereinbaren, weil die Arbeit in Form von Projekten und auf selbständiger Basis zunehmende Verbreitung finde, sagt Huska. „Jeder, für den es so besser läuft, sollte sich dafür entscheiden“, sagt der Ehemann und meint mit Blick auf die Karriere seiner Frau: „Wer, wenn nicht ich, sollte das nicht gut heißen?“

In einigen angesehenen Berufen mit den höchsten Anforderungen an die Ausbildung sind Frauen mittlerweile in der Überzahl. Laut „Statistics Canada“ ist der Anteil von Frauen unter Ärzten und Zahnmedizinern auf 55 Prozent gestiegen.


Die richtige Balance finden. Kanada garantiert berufstätigen Frauen ein Mutterschaftsgeld. Was in Deutschland und 181 weiteren Ländern gemäß einer Studie der Universität Harvard und der McGill Universität in Montreal selbstverständlich ist, trifft nicht auf die Vereinigten Staaten zu, die sich damit in einer Gruppe mit Swaziland und Papua-Neuguinea wiederfinden.

2001 erhöhte Kanada die Bezugsdauer für Elterngeldzahlungen von zehn auf 35 Wochen. Fünf Jahre später war der Anteil der Väter, die nach der Geburt ihres Kindes eine Auszeit genommen haben, laut „Statistics Canada“ von drei Prozent auf 20 Prozent geklettert. Der Durchschnittswert in den Mitgliedsländern der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) liegt bei 18 Wochen.

Kanada habe die „richtige Balance” zwischen dem System in den USA und teuren Wohlfahrtssystemen europäischer Art gefunden, sagt Tracy Redies, Chefin bei Coast Capital Savings Credit Union, Kanadas zweitgrößter Kreditgenossenschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2011)

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