Die Schweizer Nationalbank öffnet ihre letzten Schleusen

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Der Schweizer Leitzins wird auf 0,25 Prozent gesenkt. Die Bank will den Drei-Monats-Libor, den Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld borgen, so nahe wie möglich bei Null halten.

Wien/Ag./Weber. Die eigene Währung wird für die Schweizer immer mehr zum Problem. Seit Wochen flüchten die Investoren dank weltweiter Schuldenkrisen in den Schweizer Franken, was diesen von einem Rekord zum anderen treibt. Erst am Dienstag knackte er zeitweise die Marke von 1,10 Franken je Euro. Experten sehen gar die Parität – einen Wechselkurs von eins zu eins – nahen. Eine Horrornachricht, nicht nur für die eidgenössische Exportwirtschaft, deren Produkte im Ausland immer teurer werden. Auch die Touristen bleiben immer mehr aus.

Nun haben sich Wirtschaftsverbände mit einer ihrer Forderungen durchgesetzt: Nach langem Zögern hat sich die Schweizer Notenbank entschieden, einzugreifen und den Markt mit Franken zu fluten. Konkret will die Bank den Drei-Monats-Libor, den Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld borgen, so nahe wie möglich bei null halten. Das Zielband liege statt bei 0 bis 0,75 Prozent nun bei 0 bis 0,25 Prozent, teilte die SNB am Mittwoch mit.

Um dies zu erreichen, stellt die SNB den Geschäftsbanken auch deutlich mehr Liquidität zur Verfügung. Die Giroguthaben der Banken bei der SNB würden von 30 Mrd. auf 80 Mrd. Franken ausgedehnt.

Es ist der erste Versuch der Nationalbank seit Juni 2010, den Frankenkurs zu beeinflussen. Damals hatte sie sich auf Käufe ausländischer Währungen konzentriert, was den Kurs jedoch kaum beeinflusste, dafür aber ein gigantisches Loch in die Bilanz der Bank riss. Nun behält sie sich „weitere Maßnahmen“ vor. Wie diese aussehen können, ist aber unklar.

Erst im Juni hatte die SNB entschieden, den Leitzins unangetastet zu lassen. Seit dieser Lagebeurteilung hätten sich die Geschäftsaussichten für die Schweizer, sowie für die globale Wirtschaft aber eingetrübt, schreibt die Bank in einer Mitteilung. Am Mittwoch ging die Rechnung der SNB jedenfalls auf: Der Euro näherte sich wieder der Marke von 1,10 Franken, während er am Morgen noch zeitweise 1,08 Franken gekostet hatte. Auch der Dollar stieg gegenüber dem Franken an.

Ob die Zinssenkung die Währung der Eidgenossen langfristig billiger macht, ist fraglich. Analysten der Commerzbank werten die Aktion als ein deutliches Zeichen: „Devisenmarktinterventionen sind wieder ein Thema. Bereits drohende Interventionen können Anleger zurückhalten“, kommentieren die Experten. Verhaltener äußerte sich ein Geldmarkthändler gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Das dürfte ein harter Kampf für die SNB sein und im besten Fall die Geschwindigkeit des Anstiegs verlangsamen.“

Quelle: Bloomberg, Grafik. Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2011)

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