US-Arbeitsmarkt baut Börsenverluste nur kurzzeitig ab

Weltweite BoersenTalfahrt startet tiefrot
Weltweite BoersenTalfahrt startet tiefrotEPA (ANDREW GOMBERT)
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Arbeitsmarktzahlen aus den USA brachten nur zwischenzeitliche Entspannung. Die Börsen in Europa und Asien befanden sich auf einer Berg- und Talfahrt.

Der US-Arbeitsmarkt sorgt mit seinem kleinen Lichtblick für Erleichterung an den Börsen: Im Juli kamen 117 000 neue Job hinzu, wie das US-Arbeitsministerium am Freitag mitteilte. Die Arbeitslosenquote sank leicht von 9,2 auf 9,1 Prozent. So wurde die seit Tagen andauernde Talfahrt der  Aktienmärkte vorerst gestoppt. Händler sprachen zuvor von Panikverkäufen. Die Anleger fürchten sich vor einer weltweiten Rezession und einer Ausweitung der europäischen Schuldenkrise.

Der Dow Jones startete mit einem Plus von 0,61 Prozent auf 11.452,89 in den letzten Handelstag der Woche, auch der Technologieindex Nasdaq konnte um deutliche 1,02 Prozent auf 2.582,36 Einheiten zulegen. Gegen 16.00 Uhr drehten die Indizes jedoch rasch wieder ins Minus. Der Dow Jones notiert derzeit um etwa ein Prozent schwächer. Auch der Nasdaq Index fiel wieder auf minus 1,4 Prozent.

Die europäischen Börsen befinden sich weiter auf einer dramatischen Berg- und Talfahrt. Der deutsche DAX konnte nach den US-Zahlen ebenfalls kurzfristig an der Nulllinie kratzen, ehe er im Sog der US-Börsen wieder auf ein Minus von über zwei Prozent nach unten gerutscht ist.  Der DAX war morgens bis zu vier Prozent abgerutscht. Letztlich schloss er bei 2,72 Prozent. Der ATX konnte sein Minus nach den Daten kurzfristig eingrenzen, drehte dann aber wie die anderen Börsen auch erneut nach unten. Der heimische Leitindex schloss bei minus 2,72 Prozent und bei 2.240,19 Einheiten. Kurz nach Handelsstart war er um bis zu 6,74 Prozent abgestürzt.

Der Euro-Stoxx-50 drehte vor dem Hintergrund der Datenveröffentlichung kurz wieder ins Plus, sackte aber gegen 16 Uhr wieder ab auf minus 1,3 Prozent. Im Frühhandel war der Leitindex im Zuge von Panikverkäufen noch auf ein Tagestief von 2.346,29 Punkte abgestürzt.

Die Kurse in Fernost brachen ebenfalls auf breiter Front ein. In Tokio fiel der Leitindex Nikkei der 225 führenden Werte im Verlauf des Freitags um 3,72 Prozent. Auch die Börsen in Hongkong, Taiwan und Australien verloren rund vier Prozent. Der chinesische Leitindex in Shanghai notierte 1,8 Prozent schwächer.

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Billionen-Werte vernichtet

Der Kursrutsch machte Anleger weltweit um mehrere Billionen Dollar ärmer. Die Marktkapitalisierung aller im MSCI World Index gelisteten Unternehmen verringerte sich in der laufenden Woche um 2,5 Billionen Dollar. Dies entspricht in etwa der Wirtschaftsleistung Frankreichs.

"Da fehlen mir die Worte", kommentierte ein Marktteilnehmer die Situation an der Wiener Börse. Es herrsche "große Angst", dass das Wirtschaftswachstum unter den Schuldenlasten in den USA und Europa völlig zum Erliegen kommt.

Telefonkonferenz mit Merkel, Sarkozy und Zapatero

Die Politik sucht nun offenbar Wege, den Abwärtstrend zu stoppen: Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat für Freitag eine Telefonkonferenz mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt, um über die jüngsten Entwicklungen an den Finanzmärkten zu beraten. Auch der spanische Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero werde teilnehmen, teilte Sarkozys Büro mit. Der französische Präsident habe zuvor bereits mit dem Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, gesprochen, hieß es weiter.

Die Lage am US-Aktienmarkt hatte sich am Donnerstag dramatisch verschärft: Der Dow Jones Industrial war um mehr als 500 Punkte oder um 4,31 Prozent abgestürzt und erstmals seit Dezember 2010 wieder unter die Marke von 11.400 Punkten gefallen.

Angst vor einer Rezession

Viele Börsianer sehen angesichts der Schuldenkrisen in den USA und Europa sowie der vor sich hin dümpelnden Konjunktur in den Vereinigten Staaten die Gefahr einer Rezession. Analysten sprachen zuletzt von einem "Stillstand" in der US-Wirtschaft. 

Zu der schlechten Stimmung trugen wohl auch Aussagen von EZB-Präsident Trichet bei, wonach die konjunkturellen Abwärtsrisiken in den Euro-Ländern höher geworden seien. Zudem kündigte Trichet an, dass die EZB weiter Anleihen angeschlagener Euro-Staaten kaufen wird. Die Anleger werteten das als Zeichen, dass die Auswirkungen der Krise noch nicht überwunden sind. Und auch die  Debatte über eine neuerliche Ausweitung des Euro-Rettungsschirms trägt nicht zur Beruhigung bei. Viele sehen in Italien schon den nächsten Kandidaten für den Rettungsfonds.

"Die Märkte preisen derzeit eine globale Rezession im Jahr 2012 ein", sagte Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research.

Franken und Gold gefragt

Der Euro rutschte auf ein neues Rekordtief zum Franken, und auch der Dollar hielt sich nur knapp über seiner bisherigen Negativ-Marke von 0,7606 Franken. Der Goldpreis näherte sich wieder seinem Rekordhoch von 1681,67 Dollar je Feinunze.

(Ag.)

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