Finanzprobleme: US-Post will 220.000 Jobs streichen

USPost will 220000 Jobs
USPost will 220000 Jobs(c) EPA (Us Postal Service)
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Der weltgrößte Briefzusteller könnte im September insolvent werden. In einer Radikalkur sollen in den nächsten vier Jahren 220.000 Mitarbeiter (rund 30 Prozent der Belegschaft) abgebaut werden.

Wien/Jaz. Mitarbeiterabbau und Postamtsschließungen waren in jüngster Zeit auch bei Österreichs Post eine Notwendigkeit, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Verglichen mit der Situation in den USA, steht der heimische gelbe Riese jedoch noch hervorragend da. Dort fährt das US Postal Service seit Jahren Milliardenverluste ein. Nun will die Führung des 100-prozentigen Staatsbetriebs in einer Radikalkur in den nächsten vier Jahren 220.000 Mitarbeiter (rund 30 Prozent der Belegschaft) abbauen und mit 3700 Postämtern jede zehnte Geschäftsstelle schließen.

Darüber hinaus sollen Mitarbeiter und Pensionisten aus dem staatlichen Kranken- und Pensionssystem in ein neues – laut Post-Führung kostengünstigeres – System überführt werden. Denn ohne Gegenmaßnahmen sei die Post „im nächsten Monat insolvent“, zitiert die „Washington Post“ aus einem Brief der Post-Führung an ihre Angestellten.

20 Mrd. Verlust in vier Jahren

Erst Mitte Juni schlug der erst vor Kurzem angetretene Post-Chef Patrick Donahoe das erste Mal Alarm. Die Post werde im ersten Halbjahr 2,6 Mrd. Dollar (1,8 Mrd. Euro) Verlust einfahren. Für das Gesamtjahr rechnet Donahoe sogar mit 8,3 Mrd. Dollar Miese – auf diesem Niveau befand sich der Verlust 2010. In den vergangenen vier Jahren hatdie US-Post in Summe 20 Mrd. Dollar verloren. Ihre Rechnungen kann sie nur noch dank eines staatlichen Kredits in Höhe von 15 Mrd. Dollar zahlen.

Grund dafür ist die Substitution von Briefen durch elektronische Kommunikation. Im vergangenen Jahrzehnt sank das Briefvolumen der US-Post um fast 20 Prozent, bis 2020 wird ein weiterer Rückgang um 37 Prozent erwartet. Und selbst bei Briefen, die noch versandt werden, kann die Post kaum Umsätze generieren, da die Politik das Porto mit 44 US-Cent streng reguliert niedrig hält.

Auf der Kostenseite schlagen indes die Personalkosten mit 80 Prozent ein heftiges Loch in die Bilanz der US-Post. So verdienen die 563.400 Postangestellten mit durchschnittlich 41 Dollar pro Stunde um 46 Prozent mehr als andere US-Angestellte. Die großen privaten Konkurrenten UPS oder FedEx sind wesentlich schlanker aufgestellt und jagen der Staatspost seit Jahren Marktanteile ab. Denn trotz der finanziell guten Arbeitsbedingungen haben Post-Mitarbeiter in den USA den Ruf, häufig übel gelaunt und langsam zu sein.

„Wäre die Post ein Privatunternehmen, hätte es bereits Insolvenz angemeldet und den Reorganisationsprozess samt neuen Arbeitsverträgen eingeleitet“, heißt es in einem Strategiepapier, das US-Medien vorliegt. Denn von den 220.000 Jobs könnten nur 100.000 durch Fluktuation abgebaut werden. Bei dem Rest müssten auch Kündigungen ausgesprochen werden. Dies ist aufgrund von Verträgen zwischen Post und Gewerkschaft jedoch untersagt. Nun ruft die Post den US-Kongress auf, diese Verträge außer Kraft zu setzen.

Kampf mit Gewerkschaften

Von den Gewerkschaften wird dieses Ansinnen zurückgewiesen und kritisiert. „Wir werden vehement gegen jegliche Vorschläge vorgehen“, heißt es von der American Postal Workers Union. „Der US-Kongress hat sich bisher nicht in Kollektivverträge eingemischt. Und wir erwarten, dass er das auch künftig nicht tut“, meint ein Sprecher der Briefträger-Gewerkschaft.

Die Politik ist in dieser Frage bisher unschlüssig. Während viele Republikaner schon seit Längerem auf eine Privatisierung der Post drängen, haben Demokraten oft Gewerkschaften als ihre politischen Partner. Allerdings wäre ein weiterer staatlicher Hilfskredit für die Post angesichts der angespannten Budgetlage äußerst unpopulär.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2011)

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