Krise: Slowakei warnt vor Aus für Eurozone

Krise Slowakei warnt fuer
Krise Slowakei warnt fuer(c) EPA (Alessandro Della Bella)
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Das slowakische Parlament ist klar gegen eine Ausweitung der EU-Rettungsschirme. Jetzt rückt just der als Kritiker aller Rettungsschirme bekannte Finanzminister Ivan Miklos zur Verteidigung der EU-Hilfen aus.

Bratislava. Angesichts der sich verschärfenden Schuldenkrise liegen in der Eurozone die Nerven blank. Da wird der als Kritiker aller Rettungsschirme bekannte slowakische Finanzminister, Ivan Miklos, sogar dann als Panikmacher fehlinterpretiert, wenn er ausnahmsweise zu deren Verteidigung ausrückt: „Slowakischer Finanzminister: Weiß nicht, ob die Eurozone in der gegenwärtigen Zusammensetzung mittel- oder langfristig bestehen kann“, tickerte es am Montag durch die Nachrichtenagenturen.

Der Kontext, aus dem dieses authentische Miklos-Zitat stammt, sollte dabei gerade das Gegenteil bewirken. Als Gastkommentator der slowakischen Wirtschafts-Tageszeitung „Hospodarske noviny“ schrieb Miklos einen flammenden Appell zur Verteidigung der Euro-Rettungsaktionen. „Sind wir wirklich so cool, dass wir es auf unsere Kappe nehmen wollen, wenn gerade wir jene Lawine lostreten, die den Zerfall der Eurozone und damit eine neue globale Krise verursacht?“, fragte er an die Adresse seiner neoliberalen Koalitionspartner um Parlamentspräsident Richard Sulik. Auch wenn die Zukunft der Eurozone noch so ungewiss sei, dürften es auf keinen Fall die Slowaken sein, die ihr den Todesstoß versetzten: „Wer braucht wen mehr? Die Eurozone uns oder wir die europäischen Partner?“, mahnte Miklos.

Parlament gegen Rettungsschirm

Würde jetzt abgestimmt, würde das slowakische Parlament tatsächlich sowohl einer Ausweitung des EFSF wie auch der Einrichtung des dauerhaften Schuldenmechanismus ESM eine klare Absage erteilen. Und hauptverantwortlich dafür ist die unnachgiebige Haltung der Sulik-Partei Freiheit und Solidarität SaS, zweitstärkste Kraft im Kabinett in Bratislava. Für Sulik war immer alles klar: „Griechenland muss bankrottgehen“, hatte er von Anfang an gefordert. Nur so, argumentierte er – anfangs noch im Einklang mit Miklos und Premierministerin Iveta Radicova –, werde rechtzeitig eine Notbremse gezogen, ehe Spekulanten durch immer wieder neue Hilfspakete geradezu ermuntert würden, ihr Spiel weiterzuspielen, für das letztlich Europas Steuerzahler die Zeche zahlen müssten. Nur wenn die fahrlässigen Banken sich die Finger verbrennen, hören sie auf, populistischen Politikern immer neue uneinbringliche Kredite in den Rachen zu werfen, mit denen diese auf Kosten der Verantwortungsvolleren Stimmen fangen.

Slowakei rettete Banken alleine

Genau so hatten bis vor Kurzem auch die christlich-liberalen Regierungsspitzen um Radicova und Miklos argumentiert. Im Unterschied zu Sulik sehen sie aber inzwischen den Zug für solche Verweigerungshaltungen abgefahren: „Jetzt geht es nicht mehr nur um einzelne Krisenländer, sondern um den Fortbestand der Eurozone als solche“, begründete Radicova im Einklang mit Miklos ihre Kehrtwende. Im Ministerrat können Radicova und Co. ihre widerspenstigen Koalitionspartner überstimmen und haben das soeben im Falle des ESM auch getan (das Thema EFSF-Erweiterung wurde wegen Uneinigkeit vorerst verschoben). Aber im Parlament, wo Mitte September die eigentliche Entscheidung fallen soll, sind sie in der Minderheit.

Die Slowakei ist nicht nur gemeinsam mit Estland das ärmste Mitglied der Eurozone. Sie hatte zur Jahrtausendwende zwölf Prozent ihres BIPs aufgewendet, um ohne EU-Hilfe ihre Banken zu sanieren. Die Bevölkerung bezahlte für die damaligen Reformen mit über 20Prozent Arbeitslosigkeit und drastischen Sozialkürzungen. Dafür war die Slowakei 2008 eines der wenigen EU-Länder, das (auch im Unterschied zu Österreich) kein Bankenhilfspaket brauchte. Entsprechend gering ist daher die Sympathie für Rettungsschirme jeder Art.

Wirbel um Finnlands Alleingang

Glaubt man der Einschätzung der US-Ratingagentur Moody's, ist es um das jüngst beschlossene Rettungspaket ohnedies nicht gut bestellt. Grund dafür ist jene Sonderregelung, die sich Finnland vergangene Woche für die weitere Unterstützung Griechenlands ausbedungen hat. Das Land forderte für weitere Hilfszahlungen direkte Sicherheiten von Athen. Diese Regelung könnte letztlich den Zeitplan für das Rettungspaket ins Wanken bringen und dadurch die Bonitätsbewertungen Griechenlands und anderer Euro-Krisenländer gefährden, schreiben die Analysten von Moody's.

Während Staaten wie die Slowakei, aber auch Österreich und die Niederlande ähnliche Garantien für ihre Beiträge fordern, läuft die deutsche Regierung gegen derartige Sonderlösungen Sturm. Es dürfe keine Vereinbarungen geben, die zu Lasten anderer Euroländer gehen. Moody's rechnet damit, dass die übrigen Euroländer das griechisch-finnische Abkommen letztlich verhindern werden.

Auf einen Blick

Die Slowakei zählt zu den schärfsten Kritikern der jüngsten Rettungsaktionen aus Brüssel. Das Land hatte zur Jahrtausendwende zwölf Prozent seines BIPs aufgewendet, um ohne EU-Hilfe die slowakischen Banken zu sanieren. Während die meisten Abgeordneten weiterhin strikt gegen neue Hilfen sind, macht Finanzminister Ivan Miklos eine Kehrtwende und warnt vor dem Zerfall der Eurozone.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2011)

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