Griechenland: Wirtschaft schrumpft, Defizit wächst

Das Wachstum in Griechenland blieb im zweiten Jahresquartal deutlich unter den Erwartungen
Das Wachstum in Griechenland blieb im zweiten Jahresquartal deutlich unter den Erwartungen(c) EPA (Arno Burgi)
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Der Rückgang in zweiten Quartal ist höher als erwartet. Der Wirtschaftsminister hält mehr Zeit für Reformen notwendig. Die EU-Kontrollore kommen wieder nach Athen.

Die griechische Regierung hat eingeräumt, dass ihr Haushaltsdefizit in diesem Jahr höher als ursprünglich geplant ausfallen wird. Es scheine unmöglich, die Zielmarke von 7,6 Prozent zu erreichen, sagte Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis der "Stuttgarter Zeitung" (Freitagausgabe) einem im voraus veröffentlichten Interview zufolge. Dies sei der Rezession geschuldet. "Die vielen Arbeitslosen zahlen nicht mehr in die Sozialkassen ein, der Haushalt muss diese Lücke schließen", sagte der Politiker.

Das Problem sei nicht ein Prozentpunkt mehr oder weniger. Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds wolle sehen, dass Griechenland voranschreite und die Reformen anpacke. "Wir haben doch zwei Möglichkeiten: Entweder setzen wir diese Reformen nach den Regeln unseres demokratischen Landes um. Oder wir machen es anders, es gibt eine soziale Katastrophe, und Griechenland kollabiert." Auf die Frage, ob er mehr Zeit verlange, antwortete Chrysochoidis dem Blatt zufolge: "Ja. Dann werden wir diese Krise auch überwinden."

Die wirtschaftliche Talfahrt in Griechenland ist noch schlimmer als befürchtet. Die griechische Wirtschaftsleistung ging im zweiten Quartal dieses Jahres um 7,3 Prozent zurück. Im Vorquartal waren es 8,3 Prozent. Damit scheint es immer unwahrscheinlicher, dass Griechenland das Defizitziel von 7,6 Prozent in diesem Jahr erfüllen kann. Auch deswegen steht die Regierung international in der Kritik. Die Geberländer erhöhten den Druck.

Die Budget-Kontrolleure der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) sollen in der kommenden Woche nach Athen zurückkehren. "Es gibt noch kein präzises Datum", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Donnerstag in Brüssel. "Es ist klar, das liegt vor allem in der Hand der griechischen Behörden."

Die griechische Regierung geht für das Gesamtjahr derzeit von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 5,0 Prozent aus. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaft im schuldengeschüttelten Mittelmeerland bereits um 4,5 Prozent zurückgegangen. Hintergrund für die tiefe Rezession sind stark sinkende Investitionen und Exporte, auch die von Sparmaßnahmen stark getroffenen griechischen Verbraucher haben ihre Ausgaben drastisch eingeschränkt.

Die internationalen Geldgeber hatten in der vergangenen Woche von Athen gefordert, den Haushaltsplan für 2012 zu überarbeiten und Strukturreformen anzugehen. Die "Troika" aus EU, Europäischer Zentralbank und IWF hatte die griechische Hauptstadt verlassen.

Die Kontrolleure prüfen die Umsetzung des Spar- und Stabilisierungsprogramms, das mit Griechenland im Gegenzug für Milliardenhilfen vereinbart worden war. Ohne die Kontrolle gibt es keine Auszahlung der nächsten Kredittranche für Griechenland von rund zwölf Milliarden Euro, die Ende September ansteht. Die Summe stammt aus dem bereits laufenden Hilfspaket für Athen der Eurostaaten und des IWF von 110 Milliarden Euro und hat nichts mit dem zweiten Rettungspaket zu tun, das die Euroländer bei einem Gipfel am 21. Juli beschlossen haben.

(APA)

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