Österreichs Innenpolitik ließ Dow Jones absacken

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Ein Parlamentsboykott der Grünen gegen die Behandlung des Rettungsfonds EFSF im Finanzausschuss wurde als Nein Österreichs interpretiert. Der Kurs an der Wallstreet gab vorübergehend um über 20 Punkte nach.

Wien. Das Ereignis war nebensächlich, aber einzigartig: Der gescheiterte Versuch der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, die Aufstockung des Euro-Rettungsfonds EFSF kurzfristig auf die Tagesordnung des Finanzausschusses im Nationalrat zu setzen, hat am Mittwochnachmittag den Dow Jones abstürzen lassen. Denn die Nachricht wurde durch eine fehlerhafte Agenturmeldung als Nein Österreichs zur gemeinsamen Stabilisierung des Euro und als Ablehnung der Griechenland-Hilfe interpretiert.

Am gestrigen Donnerstag rechtfertigte sich der grüne Abgeordnete Werner Kogler für den Boykott, durch den erstmals die österreichische Innenpolitik die Weltbörsen ins Wanken brachte. Der Kurs an der Wallstreet gab vorübergehend um über 20 Punkte nach. Der Einbruch hielt freilich nur kurzfristig an, gegen Abend hatten sich der Dow Jones und weitere Börsenindizes wieder erholt.

Die Grünen wollten im Gegensatz zu BZÖ und FPÖ, die ebenfalls gegen die Behandlung im Ausschuss stimmten, gar nicht den ausgeweiteten Euro-Rettungsschirm kippen. Sie wollten nur ein Zeichen gegen eine „schlampige und chaotische“ Vorgangsweise vor allem des Bundeskanzlers setzen, so Kogler. Für die Änderung der Tagesordnung wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen. Der stellvertretende Klubobmann der Grünen zeigte sich über die Börsen verwundert. „Dies zeigt nur, wie hyperhysterisch und irrational Börsenhändler agieren.“

Grüne stehen hinter Aufstockung

Letztlich, so kündigte Kogler an, werden die Grünen gemeinsam mit den Regierungsparteien für die Erhöhung des österreichischen Anteils am EFSF von 12,24 auf 21,6 Milliarden Euro stimmen. „Wir sehen auch vieles Gutes darin. Aber wir wollen mehr Informationen.“ Die Grünen, so Kogler, haben allerdings noch ernste Einwände gegen die Konstruktion des künftigen permanenten Euro-Stabilitätsmechanismus ESM, der bis nächstes Jahr ebenfalls vom Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit abgesegnet werden muss. Ein permanenter Schutzschirm für den Euro müsste nach Ansicht der Grünen so ausgestattet sein, dass auch eine geordnete Insolvenz von Staaten „mit Beteiligung der Spekulanten“ möglich wird. Weitere langfristige Lösungsansätze wie die Einführung von Eurobonds oder eine Finanztransaktionssteuer müssten realisiert werden.

Verärgert reagierte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) auf den Boykott der Grünen. Sie hatte mit einer fixen Hilfe der Oppositionspartei gerechnet. Fekter warnte davor, dass nun der Zeitplan für die Abstimmung im Plenum in Verzug kommen könnte. Wie andere Euroländer auch, hatte Österreich zugesagt, die Aufstockung des EFSF bis Ende September abzuwickeln.

Die höheren Haftungen im Euro-Rettungsschirm EFSF, die vor allem Griechenland zugutekommen werden, können mit einer kleinen Verzögerung Anfang Oktober in einer Plenarsitzung des Nationalrats abgesegnet werden. Für den Beschluss reicht eine einfache Mehrheit aus. Die ist in Österreich weitgehend sicher. Zu Problemen dürfte es aber bei den Parlamentsabstimmungen in der Slowakei und Finnland kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2011)

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