EZB: Chefvolkswirt Stark warnt vor Eurobonds

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EZB Stark Eurobonds(c) REUTERS (� Siu Chiu / Reuters)
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Durch eine Vergemeinschaftung der Staatsschulden würden Anreize zur Haushaltsdisziplin zunichte gemacht. Außerdem sei es schwierig, bei der derzeitigen Marktsituation Abnehmer zu finden.

Der scheidende EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark hat am Donnerstagabend noch einmal mit Nachdruck vor der Einführung gemeinsamer Anleihen in der Eurozone (Eurobonds) gewarnt. Sie seien keine Lösung für die Schuldenkrise und auf absehbare Zeit auch kein Modell für die Schuldenfinanzierung im Euroraum. Staaten sollten vielmehr Verantwortung für kapitalschwache Banken übernehmen.

Es sei vollkommen unklar, ob Eurobonds zu einer Überwindung der Schuldenkrisen beitragen könnten, meint Stark. Sicher sei, dass zunächst nur ein Teil der Staatsschuld im Euroraum in gemeinschaftliche Anleihen umgewandelt werden würde. Es sei aber fraglich, ob angesichts der derzeitigen Risikoaversion in den Anleihemärkten überhaupt ein Markt für die verbleibenden, nationalstaatlichen und unbesicherten Anleihen fortbestehen würde, gab Stark laut Redetext zu bedenken. Im schlimmsten Fall käme es zu einer Flucht aus diesen Schuldtiteln und zu einer Verschärfung anstelle einer Entspannung der Haushaltskrise im Euroraum.

Stark ist überzeugt, dass mit einer Vergemeinschaftung von Staatsschulden im Euroraum Anreize zur Haushaltsdisziplin wegfallen würden. Unsolide Haushaltspolitik ginge dann nicht mehr individuell mit einer höheren Risikoprämie einher. Damit, so Stark, würde der langfristigen Stabilität des Euroraums erheblicher Schaden zugefügt.

Lösung für Krise bei einzelnen Regierungen

In den Augen des EZB-Direktors gibt es keine einfache schnelle Lösung für die Schuldenkrise auf europäischer Ebene. Die Lösung liege bei den Regierungen der Mitgliedstaaten. Hier sei schnelles und entschiedenes Handeln gefordert.

Die Regierungen seien verantwortlich für allfällige Kapitalstärkungen der Banken in ihrem Land. Die Bereitstellung von Liquidität helfe solventen Banken, vorübergehende Liquiditätsengpässe zu meistern, erläuterte Stark. "Das Problem einer möglicherweise zu schwachen Kapitalisierung bestimmter Banken muss aber von den nationalen Regierungen gelöst werden", mahnte Stark.

Im Zusammenhang mit der Reform des Euro-Rettungsschirms EFSF - vor allem mit Blick auf den Einsatz zusätzlicher Instrumente wie Wertpapierkäufe am Sekundärmarkt - nannte es Stark fatal, wenn diese Entscheidungen die Anreize der betroffenen Regierungen schwächen würden, ihre Finanzposition nachhaltig zu verbessern. Deshalb müsse sichergestellt werden, dass weitergehende Hilfsmaßnahmen, sei es in Form von Krediten oder Wertpapierankäufen - auch weiterhin an strenge Konditionen für Haushalts- und Strukturanpassungen geknüpft seien.

Die Verantwortlichen in Griechenland mahnte Stark, ihren eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen und das Wirtschafts- und Strukturanpassungsprogramm rigoros umzusetzen. Nur so könne es zu einer Umsetzung der von den Staats- und Regierungschefs am 21. Juli beschlossenen Verlängerung der Hilfen für Griechenland kommen. Wenn Griechenland diese Konditionen nicht erfülle, müsse dies Konsequenzen haben, sagte Stark laut Redetext.

Stark verteidigt EZB-Liquiditätshilfen

Stark verteidigte die Liquiditätshilfen der EZB: Solange notwendig werde die Europäische Zentralbank (EZB) ein Liquiditätsmanagement betreiben, das dazu beitragen solle, funktionsfähige Geldmärkte zu gewährleisten. Dies habe die EZB auch Anfang August mit ihrer Entscheidung untermauert, bis zumindest Ende 2011 weiterhin unbeschränkte Liquidität zum Festzins bereitzustellen und ein zusätzliches längerfristiges Finanzierungsgeschäft mit einer Laufzeit von rund 6 Monaten durchzuführen.

All diese "Sondermaßnahmen" seien zeitlich befristet und nur so lange gerechtfertigt, wie außergewöhnliche Umstände es erforderten. Diese Maßnahmen hätten entscheidend beigetragen, die Lage der Banken zu stabilisieren und somit die Kreditvergabe im Euroraum zu unterstützen.

Zur Person

Der Chefvolkswirt Jürgen Stark hat am 9. September seinen Rücktritt aus dem EZB-Direktorium erklärt.

(Ag.)

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