Eine weltweite Steuer auf Finanz-Transaktionen scheitert an den USA. Die Initiative, sie wenigstens in der EU einzuführen, findet keine einheitliche Linie.
Ein Alleingang Europas bei der Einführung einer Steuer auf sämtliche Finanzmarktgeschäfte bleibt unter den EU-Staaten umstritten. "Es gibt keine einheitliche Position über eine Finanztransaktionssteuer", sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier nach dem Treffen der EU-Finanzminister und -Notenbankchefs im polnischen Breslau am Wochenende. Die Kommission will dennoch in den kommenden Wochen dazu einen Gesetzentwurf vorlegen.
Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Österreich kämpfen dafür, die Steuer wenigstens in der EU einzuführen, da es wegen des Widerstands der USA dafür auf globaler Ebene keine Chance gibt. Genau aus diesem Grund befürchten etwa Großbritannien, Italien und Schweden eine Abwanderung des Finanzhandels aus Europa und sind deshalb gegen ein Vorpreschen der EU. Da eine Steuer in der EU nur einstimmig eingeführt werden kann, ist das Projekt damit zunächst zum Scheitern verurteilt.
Steuer nur für Euro-Zone?
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht dennoch Chancen. Die Gewichte und Argumente würde sich verschieben, sagte er nach der Sitzung. Sollte Großbritannien nicht mitmachen, werde die Bundesregierung beraten, ob sie die Steuer nur für die Euro-Zone fordern werde. Schäuble wäre für einen solchen Vorstoß, doch die Koalition hat dazu noch keine gemeinsame Position: Die FDP lehnt bisher eine Einführung vehement ab.
Neben Milliardeneinnahmen für die angeschlagenen Staatshaushalte erhofft sich Schäuble auch eine beruhigende Wirkung auf die nervösen und überliquiden Finanzmärkte. "Es geht nicht nur um die Aufbringung zusätzlicher Mittel - es ist auch ein Instrument, um diesen irrationalen Übertreibungen der Finanzmärkte durch Elemente der Entschleunigung ein ganzes Stück weit entgegenzuwirken", sagte Schäuble. Deutschland und Frankreich seien sich einig, dass nicht nur Devisen, sondern alle Transaktionen besteuert werden sollten.
Auch Euro-Land Italien nicht begeistert
Gegen die Steuer, die auf Finanzmarktgeschäfte erhoben würde, stemmt sich in der EU vor allem Großbritannien. Das Land fürchtet, dass der Finanzplatz London Schaden nimmt und viele Geschäfte nach New York abwandern würden. Aber auch das Euro-Land Italien ist von dem Plan nicht begeistert.
An eine weltweite Einführung ist jedoch nicht zu denken, da die USA eine solche Besteuerung des Finanzsektors ablehnen. Diese Position bekräftigte US-Finanzminister Timothy Geithner in Breslau, der erstmals an einem Treffen seiner europäischen Amtskollegen am Freitag teilgenommen hatte.
Beruhigung vs. Abwanderung
Die Anhänger argumentieren, die Steuer bringe nicht nur Geld in die defizitären Staatshaushalte, die schließlich zig Milliarden zur Bankenrettung aufbringen mussten. Sie sei auch ein Instrument, um Spekulationen an den künstlich aufgeblähten Märkten einzudämmen und den Handel zu beruhigen.
Nach Ansicht der Gegner läuft dieses Argument jedoch ins Leere: Denn falls Finanz-Geschäfte etwa in die Schweiz abwandern, seien die Finanzmärkte in Europa noch immer volatil.
(APA)