Griechenland entlässt 30.000 Beamte

A man walks as vehicles drive in front of the  Greek Parliament, on Wednesday, Sept. 21, 2011. Greece
A man walks as vehicles drive in front of the Greek Parliament, on Wednesday, Sept. 21, 2011. Greece(c) AP (Petros Giannakouris)
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Laut dem griechischen Finanzminister Venizelos hätte Griechenland ohne Druck von EU, IWF und EZB keine Sparmaßnahmen umgesetzt. Erste Streiks legen den öffentlichen Verkehr in Griechenland lahm.

Athen/Reuters/Dpa/Jaz.Werden es 100.000 oder sogar 150.000 Kündigungen im öffentlichen Sektor? Darüber spekulierten am Mittwochnachmittag die Athener Zeitungen, bevor die Regierung ihre neuesten Sparmaßnahmen bekannt gab. Die treffen vor allem Beamte und Pensionisten. Außerdem könnte es zusätzliche Steuern geben, wie nach der Rede von Finanzminister Evangelos Venizelos durchsickerte.

Fix ist, dass 30.000 Beamte in Kurzarbeit geschickt werden. Pensionen über 1200 Euro im Monat werden um 20 Prozent gekürzt. Die Immobiliensteuer wird zumindest bis 2014 verlängert.

Erste Streiks im öffentlichen Verkehr

Aus Protest gegen die harten Sparmaßnahmen und geplante Entlassungen im staatlichen Bereich haben die Bus- und Bahnfahrer am Donnerstag den öffentlichen Nahverkehr in Athen lahmgelegt. Kein Bus, keine U-Bahn und keine Straßenbahn fuhr. Auch die Taxifahrer streikten landesweit. Dem Streik schlossen sich die griechischen Eisenbahner an. Auch die Lehrer streikten.

Um die Mittagszeit wollten auch die Fluglotsen zusammen mit anderen Staatsbediensteten für drei Stunden die Arbeit niederlegen. Probleme sollte es demnach vor allem im Inlandsverkehr geben. Zahlreiche Auslandsflüge sollten zeitlich versetzt stattfinden.

Die Zustimmung in der Bevölkerung zu den Maßnahmen wird gering sein. Die Gewerkschaften planen bereits weiteren Widerstand gegen die neuen Maßnahmen und haben für den 19. Oktober einen landesweiten Generalstreik angekündigt. Die Immobilien-Steuer, die über die Stromrechnungen eingetrieben werden soll, könnte zudem von den Mitarbeitern der Energieversorger boykottiert werden, ließ deren Gewerkschaft verlautbaren.

Venizelos: "Ohne Druck finanziell entgleist"

Für Venizelos, der von „schmerzhaften einschnitten" sprach, sind die neuen Maßnahmen jedoch unumgänglich, damit das Land die nächste Tranche in Höhe von acht Mrd. Euro aus dem 110-Mrd.-Euro-Rettungspaket erhält. Gelingt das nicht, ist Griechenland schon im Oktober zahlungsunfähig. „Ohne den Druck der Troika (IWF, EU und EZB, Anm.) wären wir finanziell schon längst entgleist", so Venizelos. Die neue Anstrengung dürfte auch bereits einen ersten Erfolg zeigen. So kündigten die Vertreter der Troika an, nächste Woche nach Athen zu Gesprächen über die Auszahlung der Tranche zurückkehren zu wollen. Anfang September hatten sie das Land mit Verweis auf das wieder größer werdende Budgetdefizit verlassen.

Indes warnte der bei der EZB angesiedelte europäische Systemrisikorat (ESRB) eindringlich vor einer Verschärfung der Finanz- und Schuldenkrise. Die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems hätten sich seit dem Sommer „merklich erhöht", teilte der Rat aus Notenbankern und Finanzaufsehern am Mittwoch mit. Es bestehe zudem die Gefahr, dass die Krise auf die Realwirtschaft übergreife, hieß es.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2011)

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