US-Ökonom Rogoff hält Euro für "Ansteckungsmaschine"

Rogoff warnt die EU davor, alles garantieren zu wollen
Rogoff warnt die EU davor, alles garantieren zu wollen(c) AP (Jacques Brinon)
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Der Experte meint, die Euro-Zone müsse sehr schnell eine fiskalische Union bilden. Die größte Gefahr sei, dass die Sparer in Südeuropa Banken stürmen.

US-Ökonom Kenneth Rogoff hat vor einem Ansturm auf die Banken der Euro-Krisenländer Südeuropas gewarnt. Die größte Gefahr für den Euro bestehe darin, dass Sparer in Italien, Spanien und anderen Peripherieländern ihre Konten leerten und das Geld in sichere Länder wie Deutschland transferierten, sagte der Harvard-Professor in einem Interview mit dem "Handelsblatt".

Die Euro-Zone müsse sehr schnell eine enge fiskalische Union bilden, meinte Rogoff. Die Zeit dazu sei knapp: "Die Euro-Zone muss eine Evolution, die eigentlich eine Generation gedauert hätte, im Zeitraffer durchlaufen", sagte Rogoff. Der Euro sei derzeit eine "Ansteckungsmaschine - er überträgt die Krise von einem Land ins andere", warnte der US-Ökonom, der weltweit als Experte für Staatsverschuldung gilt.

Experte: Schuldenschnitt unumgänglich

Rogoff kritisierte die grundsätzliche Haltung der europäischen Politik. "Es ist Unsinn, Schuldenschnitte um jeden Preis zu vermeiden. Die europäischen Führer müssen Umschuldungen zulassen, wo es nötig ist, und eine glaubhafte Linie ziehen, von der an sie Länder verteidigen wollen." Das wahre Problem der Eurozone sei, dass die Regierung und die Europäische Zentralbank (EZB) versuchten, alles zu garantieren. Sie ignorierten, dass manche Länder insolvent sind und behaupteten einfach, Griechenland wird nie pleitegehen. "Doch Griechenland wird umschulden müssen."

Der Ökonom bekräftigte seine Forderung, die Zentralbanken müssten Inflationsraten von vier bis sechs Prozent zulassen, um die Bekämpfung der Schuldenkrise zu erleichtern. Im Vergleich zu einer neuen Finanzkrise, die einen Großteil der Ersparnisse ausradieren könne, sei ein Verlust von fünf bis zehn Prozent durch höhere Inflationsraten ein gutes Geschäft, meinte Rogoff. Deutschland solle sich nicht zu sehr um die kurzfristigen Kosten der Rettung sorgen, sondern darum, dass es nicht noch in hundert Jahren Süditalien finanzieren müsse, sagte er.

(APA)

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