USA: 40 Prozent der Banken sind gefährdet

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Die Branche hat aus 2008 nur wenig gelernt, das Risiko ist seit damals noch größer geworden. Laut Bericht eines Kongressausschusses wackelt etwa die Hälfte der Kredite für Gewerbeimmobilien.

Wien. Offiziell ist der Standpunkt der US-Regierung klar: Im Gegensatz zu 2008 sind die Banken in der aktuellen Krise auf sich allein gestellt. Die Zeiten von „too big to fail“ seien vorbei. So beschloss es die Politik 2010 mit der Absegnung des Dodd-Frank-Gesetzes. „Niemals mehr wird Steuergeld in die Banken gestopft“, sagten die Initiatoren, die Abgeordneten Chris Dodd und Barney Frank, unter dem Jubel des Kongresses. Nur selten waren sich Demokraten und Republikaner in letzter Zeit so einig.

So weit, so populär. Die wahren Probleme des amerikanischen Bankensektors sind damit allerdings nicht gelöst. Viele Institute sind seit 2008 nicht geschrumpft, sondern gewachsen. Mit Sorge blicken Analysten auf die Bank of America, deren Bilanzsumme heute um die Hälfte größer ist als 2006. Geht der Gigant der US-Finanzindustrie zu Boden, könnte er die Bankenwelt mit sich reißen. Und nicht nur die amerikanische.

Dass dieses Risiko besteht, rief erst am Mittwoch die Agentur Moody's in Erinnerung: Sie senkte das Rating der Bank of America um zwei Stufen auf Baa1. Die Aktie des Instituts liegt gerade noch drei Stufen über Ramsch. Diesem Status könnte die Bank of America bald noch näherkommen. Moody's beließ den Ausblick auf „negativ“. Gleiches gilt für Wells Fargo und Citigroup, die von der Agentur ebenfalls herabgestuft wurden.

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Tatsächlich nehmen die schlechten Nachrichten für die amerikanische Bankenwelt kein Ende. Laut Bericht eines Kongressausschusses wackelt etwa die Hälfte der Kredite für Gewerbeimmobilien. Sollten sie tatsächlich ausfallen, wäre das ein Armageddon für die Banken: 40 Prozent aller Geldinstitute würden dann in die Pleite schlittern, heißt es in dem Bericht.

Die Weltwirtschaftskrise wurde von privaten Hauskrediten ausgelöst, die in Zeiten des billigen Geldes und des boomenden Immobilienmarktes zu großzügig vergeben worden waren. Weil viele Kreditnehmer wegen steigender Zinsen ihre Raten nicht mehr bedienen konnten, fielen schließlich hunderte Milliarden Dollar aus.

Nun droht Ähnliches bei den Gewerbeimmobilien: In Boomzeiten wurden Shoppingcenter, Bürogebäude, Restaurants und Hotels errichtet. Diese Kredite werden bis 2014 fällig: Insgesamt geht es um 1,4 Billionen Dollar. Davon seien etwa 700 Milliarden Dollar nicht genügend besichert, die Kreditnehmer schuldeten den Banken mehr Geld, als die Immobilie nach dem Crash noch wert ist, schreibt der Kontrollausschuss des Kongresses. Die 7560 US-Banken wären unterschiedlich stark von den Ausfällen betroffen, es gebe aber bei 2988 Banken eine „gefährliche Häufung dieser Kredite“. Sie würden einen Ausfall wirtschaftlich nicht überleben.

Ob sich darunter auch die größten Institute finden, ist ungewiss. Vielen von ihnen machen faule Hypotheken nach wie vor zu schaffen. Die Bank of America hat seit dem Kauf von Countrywide 2008 einen Klotz am Bein, der sie zu Fall bringen könnte. 60 Mrd. Dollar an Hypotheken könnten „faul“ sein. Nicht zuletzt deshalb verlor die Aktie seit Jänner die Hälfte ihres Wertes (siehe Grafik).

Was also tun im Fall eines großen Krachs, um einen „Run“ auf die Banken zu verhindern? Laut Dodd-Frank-Gesetz steht in so einem Fall die US-Einlagensicherung FDIC bereit. Sie soll für den Fall der Fälle die Zerschlagung und den Verkauf von Großbanken abwickeln. So sollen alle Einlagen bis 250.000 Dollar gesichert sein.

Doch die Zweifel daran sind groß: „Die FDIC weiß nicht, wie schwer und kompliziert das wäre“, warnt Phil Swagel. Der Universitätsprofessor muss es wissen, er assistierte Finanzminister Henry Paulson zum Höhepunkt der Krise im September 2008. Und selbst Chris Dodd ist sich nicht ganz sicher: „Was wirklich passiert, sehen wir leider erst, wenn es so weit ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2011)

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