Eurozone: Politiker riskieren Hyperinflation

Europolitiker riskieren Hyperinflation
Europolitiker riskieren Hyperinflation(c) AP (Michael Probst)
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Die Euroländer wollen in ihrem Rettungsschirm per Hebelwirkung "aus einem Euro fünf machen" - und riskieren damit Mega-Inflation. Die diskutierte Staatsfinanzierung per Notenpresse stößt auf wenig Widerstand.

Wien. Der (offenbar zu kleine) Euro-Rettungsschirm ist von den nationalen Parlamenten noch nicht einmal abgesegnet, da ist schon von einer gewaltigen Aufstockung die Rede: Am Rande der laufenden Weltbanktagung in Washington wird darüber geredet, wie man dem mit 440 Milliarden Euro dotierten Rettungsschirm EFSF im Falle des Falles „mehr Feuerkraft“ verleihen könnte.

Einfach aufstocken geht schwer: In „Zahlerländern“ wie Deutschland oder Österreich ist der Unmut in der Bevölkerung über die Riesensummen, die für die Rettung der Eurozone aus Steuermitteln bereitgestellt werden müssen, schon jetzt groß. EU-Währungskommissar Olli Rehn spricht deshalb schon offen darüber, dass es notwendig werden könnte, die Mittel des EFSF zu „hebeln“, um „aus einem Euro fünf“ zu machen. Angelpunkt dieses Finanz-Kunststücks soll die Europäische Zentralbank (EZB) werden. Druck dazu kommt unter anderem von den USA, deren Finanzminister Timothy Geithner gemeint hatte, die Eurorettung werde nur funktionieren, wenn der Rettungsschirm unbegrenzte Haftungen übernehme.

Die wildeste Variante sieht so aus: Der EFSF kauft Anleihen von Pleitestaaten wie etwa Griechenland auf und hinterlegt diese als „Sicherheiten“ für weitere Kredite bei der EZB. Mit diesen Krediten kauft er wieder Staatsanleihen, die er als Sicherheiten für neuerliche Darlehen bei der Notenbank hinterlegt. Das wäre eine wesentliche Änderung der bisherigen Pläne, die vorsahen, dass sich der EFSF mithilfe von Staatsgarantien auf dem Kapitalmarkt finanzieren müsste.

Finanzexperten warnen bereits vor einem solchen Schritt: Sollte der EFSF auf diese Art unbegrenzt Kredit bei der EZB erhalten, bekämen alle Euroländer de facto unbegrenzt Zugriff auf „frisch gedrucktes“ Geld der Euronotenbank. Jedes Defizit könnte so „abgedeckt“ werden, der Druck auf Ausgabenbremsen für die Staatshaushalte wäre weg. Und der Weg in die vermögensvernichtende Hyperinflation wäre frei.

Geithner soll seinen EU-Kollegen noch eine zweite Variante nach dem Muster des Krisenprogramms der US-Notenbank Fed vorgeschlagen haben, bei der die Staaten zwar nicht unbegrenzt Zugriff auf die „Notenpresse“ hätten, die vorhandenen EFSF-Mittel aber doch verzehnfachen könnten.

Erstaunlicherweise stoßen diese Vorschläge bisher in der EZB, deren Hauptziel ja eigentlich die Preisstabilität sein sollte, auf wenig Widerstand. Lediglich der deutsche Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat die „Hebelung“ der EFSF-Mittel, die einer direkten Staatsfinanzierung durch die Notenpresse gleichkäme, strikt abgelehnt. Weidmann sagte, eine solche Variante sei wegen des Verbots der direkten Staatsfinanzierung durch die EZB gar nicht möglich. Dieses Verbot ist durch die laufenden direkten Anleihekäufe der EZB freilich jetzt schon unterlaufen.

Österreich haftet für 29 Milliarden

Unterstützung bekommt Weidmann nicht einmal von „seinem“ Finanzminister: Deutschlands Säckelwart Wolfgang Schäuble zeigte sich zwar skeptisch, aber nicht direkt ablehnend. Zudem gäbe es auch noch andere Möglichkeiten, dem Rettungsschirm mehr Geld ohne direkte Aufstockung der Finanzmittel zu verschaffen.

In dieser Woche werden unter anderem die Parlamente von Deutschland und Österreich die Aufstockung der Haftungen für den Rettungsschirm beschließen. Österreich hat bisher Haftungen über 12,2 Milliarden Euro zugesagt, am Freitag soll dieser Rahmen auf 21,6 Milliarden Euro aufgestockt werden. Dazu kommen noch diverse „Kosten und Zinsen“, sodass der Rettungsschirm die österreichischen Steuerzahler im schlimmsten Fall (Pleite mehrerer Euroländer) bis zu 29 Milliarden Euro kosten könnte. Der EFSF wird 440 Milliarden Euro vergeben können, die Haftungen insgesamt belaufen sich auf 779 Milliarden Euro. 2013 soll der EFSF durch ein permanentes Nachfolgeinstrument (European Stability Mechanism, ESM) abgelöst werden. Diskutiert wird bereits über ein „Vorziehen“ des ESM auf 2012.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2011)

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