Knappe schwarz-gelbe Mehrheit für EFSF

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Deutschlands Kanzlerin konnte ihre Mannschaft gerade noch auf Linie bringen. Zwar nur knapp, aber symbolisch wichtig. Die EU-Kommission zeigte sich erwartungsgemäß erfreut über das deutliche Votum.

Berlin. Am Ende hat sie es doch geschafft: Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erreichte am Donnerstag bei der Abstimmung über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms (EFSF) im Bundestag eine Mehrheit. Zwar nur knapp, aber symbolisch wichtig. 315 Abgeordnete aus den Fraktionen von Union und FDP stimmten mit Ja – vier mehr als für die sogenannte Kanzlermehrheit notwendig. Bei der Union gab es elf Abweichler, bei der FDP vier. Wegen der Unterstützung von SPD und Grünen für eine Aufstockung des Fonds war schon zuvor klar gewesen, dass das Gesetz den Bundestag passieren würde. Die EU-Kommission zeigte sich erwartungsgemäß erfreut über das deutliche Votum – insgesamt hatten 523 Parlamentarier mit Ja gestimmt.

Aufstockung auf 211 Milliarden Euro

Formell ging es um die Aufstockung der Garantien für den Euro-Rettungsschirm EFSF von 123 auf 211 Milliarden Euro – damit bürgt Deutschland künftig mit bis zu zwei Dritteln des Bundeshaushaltes für Kredite an überschuldete Europartner. Die SPD warf der Regierung vor, Volk und Parlament hinters Licht zu führen: Intern werde längst über die Übernahme neuer Risiken gesprochen, so SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Dem hielt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) entgegen, dass „nichts vergeheimnist und verschwiegen wird“. Über die Ausweitung des EFSF-Volumens hinaus würden die Steuerzahler nicht zusätzlich belastet, wenn nicht vorher der Bundestag zugestimmt habe.

Merkel hat gerade noch die Kurve gekratzt, indem sie potenzielle Abweichler im letzten Moment auf Linie brachte. Angesichts der generellen Schwäche der schwarz-gelben Koalition und weiterer anstehender Entscheidungen in der Europapolitik handelt es sich zwar nur um einen Etappensieg; die Regierung heftet sich den Erfolg dennoch dankbar auf die Fahnen. Für Unions-Fraktionschef Volker Kauder zeigt das Ergebnis der Abstimmung, dass die Koalition handlungsfähig sei. FDP-Chef Philipp Rösler sprach von einer „starken, klaren Entscheidung“. Gerade er hatte freilich kürzlich vor der Landtagswahl in Berlin als Erster eine mögliche Insolvenz Griechenlands ins Spiel gebracht und damit für Unmut unter den Koalitionspartnern gesorgt.

Der Abstimmung war eine intensive Debatte vorangegangen. Als Hauptredner der SPD trat Ex-Finanzminister Peer Steinbrück auf, der immer wieder als möglicher Kanzlerkandidat für 2013 genannt wird und – als wollte er sich für diese Rolle schon warm laufen – Merkel bei seinem 20-minütigen Auftritt heftig attackierte. Dabei hatte er mit ihr in der großen Koalition gut zusammengearbeitet. Er warf der Bundeskanzlerin vor, die Hintergründe ihrer Europapolitik nicht hinreichend erklärt zu haben. Sie habe laviert und Volten geschlagen, der Gesellschaft drohe soziale Entfremdung. Merkels Strategie, mit immer neuen Rettungspaketen Zeit zu kaufen, sei gescheitert: „Ihnen und Ihrer Regierung fehlt die wichtigste Qualität in Zeiten der Gefahr: Vertrauen.“

Kritik an „Zaudern und Zögern“

Auch Jürgen Trittin, Fraktionschef der Grünen, kritisierte das „Zaudern und Zögern“ der Bundeskanzlerin. Die „regierungsunfähige“ Koalition habe die Krise „verlängert, verschlimmert und verteuert“. Trotz ihrer Empörung über das „schlechte Krisenmanagement Merkels“ stimmten Grüne und Sozialdemokraten aber fast geschlossen für die Erweiterung des EFSF. Sämtliche Abgeordneten der Linkspartei lehnten das neue Gesetz ab.

Mit Deutschland haben nun zehn von 17Euroländern der Erweiterung des Rettungsschirms zugestimmt, Österreich ist heute, Freitag, an der Reihe. In Berlin war das Votum mit großer Spannung erwartet worden, ging es dabei doch auch um die Zukunft der schwarz-gelben Regierung. Die Bundeskanzlerin hatte mehrfach erklärt, dass sie mit einer eigenen Mehrheit rechne. Der gegenteilige Fall hätte zwar insgesamt am positiven Ausgang des Votums nichts geändert, wäre aber eine veritable Blamage gewesen und hätte die Koalition noch weiter geschwächt, wenn nicht gar platzen lassen.

Dieses Worst-Case-Szenario ist nicht eingetreten, zum Glück für Merkel. Die kleinen Partner FDP und CSU bleiben für sie dennoch unberechenbare Größen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2011)

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