Der 440-Milliarden-Euro-Hebel

(c) REUTERS (RALPH ORLOWSKI)
  • Drucken

Mehr Feuerkraft für den Euro-Rettungsschirm. Die Finanzminister der Eurozone debattieren am Montag über die Ausweitung der EFSF. Mehrere Modelle liegen bereit.

Brüssel. 440 Milliarden Euro sind einerseits sehr viel Geld. Andererseits ist diese Summe – ungefähr die eineinhalbfache Wirtschaftsleistung Österreichs – möglicherweise viel zu klein. Dann nämlich, wenn ein großes Mitglied der Eurozone wie Italien an den Rand des Staatsbankrotts geraten sollte. Was also tun, damit das Euro-Rettungsvehikel EFSF wirklich jeden Brand in der Eurozone löschen kann?

Zur Erinnerung: Sollten die Parlamente aller 17 Euroländer zustimmen, wird die EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) hinfort bis zu 440 Milliarden Euro an Hilfskrediten vergeben können. Dieses Geld druckt sie natürlich nicht selber. Vielmehr begibt die Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg an den Finanzmärkten eigene Schuldscheine. Die Steuerzahler der Euroländer haften dafür mit insgesamt 726 Milliarden Euro. Doch, wie gesagt: Wenn Italien keine eigenen Staatsanleihen mehr auf dem Markt unterbringt, sind 440 Milliarden Euro zu wenig, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Beim nächsten Treffen der Euro-Gruppe, also der Finanzminister der Euroländer, am Montagabend in Luxemburg wird daher die Frage diskutiert, wie man der EFSF ermöglicht, die Mittel mit einer größeren Hebelwirkung einzusetzen.

Eine Banklizenz für die Euroretter

Eine Idee hat am meisten Substanz: Eine Banklizenz für den Euro-Schirm, damit er sich wie alle zugelassenen Banken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld besorgen kann, um die Erstarrung der Finanzflüsse in den Krisenländern zu lockern, damit die Kreditvergabe endlich wieder anspringt.

Doch halt: Verbietet der Vertrag von Lissabon nicht, dass die EZB Staatsschulden finanziert? Nein, sagen Daniel Gros von der Brüsseler Ideenschmiede CEPS und Thomas Mayer, der Chef-Volkswirt der Deutschen Bank. Sie verweisen auf Artikel 123 Absatz 2 des Vertrags, der Banken im öffentlichen Eigentum (zum Beispiel die deutsche KfW) von dieser Regel ausnimmt. Warum sollte die EFSF nicht auch eine werden? Gros und Mayer verwerfen auch die Sorge, so würde die EZB die Inflation anheizen: Sobald die Märkte wieder liquid sind, werde die EZB die Geldvergabe drosseln.

Spektakulär, aber wenig aussichtsreich ist ein Modell, das die USA Ende 2008 schufen, um faule Kredite vom Markt zu saugen: Die Federal Reserve Bank of New York vergab im „TALF“-Programm 200 Milliarden Dollar an Krediten, die das US-Finanzministerium mit 20 Milliarden Dollar versicherte.

Diesen Hebel hat US-Finanzminister Timothy Geithner (2008 Chef der New Yorker Fed) jüngst den EU-Finanzministern schmackhaft zu machen versucht. Doch dass die EZB gegen Haftungen der EFSF Staatsbudgets stützt, ist derzeit undenkbar: Bundesbankpräsident Jens Weidmann lehnt schon die Banklizenz für die EFSF ab. Diesem noch riskanteren Modell wird er kaum zustimmen.

Grafik: Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.