Griechen-Paket wird aufgeschnürt

(c) EPA (ALEXANDROS VLACHOS)
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Angesichts der verheerenden wirtschaftlichen Kennzahlen Griechenlands und der Schwäche von Europas Banken basteln die Regierungen ein neues Hilfsprogramm.

Luxemburg. Das Finanzministertreffen in Luxemburg brachte keinen Durchbruch in der Frage, wie Griechenlands Schuldenkrise zu lösen sei, aber zumindest das öffentliche Eingeständnis einer Einsicht: Die Regierungen der Euroländer sehen ein, dass ihr zweites Hilfspaket für die Griechen vom 21. Juli nicht ausreichen wird. Und ihnen ist angesichts der dramatischen Geschehnisse rund um den franko-belgischen Bank- und Versicherungskonzern Dexia (siehe Seite 13), dem eine Zerschlagung und teilweise Verstaatlichung blüht, vor Augen, wie schlecht es um Europas Banken bestellt ist.

„Genau die Situation, die die Belgier vor sich haben, war Gegenstand der Debatte“, sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) bei einer Pressekonferenz in einer Pause des Ministerrates. „Es ist die absolute Priorität, die Banken stabil zu halten.“

„Ob es so arg wie Lehman wird“

Hinsichtlich Griechenlands, dessen Wirtschaftsleistung nächstes Jahr um 2,5 Prozent schrumpfen, statt wie erwartet um 0,6 Prozent wachsen dürfte, was bedeutet, dass sich die Grundannahmen für das im Juli beschlossene 109-Milliarden-Euro-Paket wesentlich geändert haben, übte sich die Ministerin zuerst in Zweckoptimismus. Sie sei „zuversichtlich“, dass die Troika aus Vertretern von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds doch noch das grüne Licht für die Auszahlung der nächsten acht Milliarden Euro aus dem ersten, 110 Milliarden Euro schweren Kreditpaket geben werde. Auf Nachfrage fand sie dann aber drastische Worte zur Beschreibung des Ernsts der Lage: „Ich will nicht austesten, ob es so arg wird wie Lehman“, sagte sie und sprach damit den haarscharf vermiedenen Zusammenbruch des globalen Finanzsystems nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers im September 2008 an.

Jean-Claude Juncker, der Chef der Euro-Gruppe, hatte schon in der Nacht auf Dienstag klar gemacht, was auf die Gläubiger Athens zukommt: „Was den privaten Sektor betrifft, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es seit der Entscheidung vom 21. Juli Änderung gab.“ Auch Fekter sprach von „technischen Änderungen“. Denn ob Europas Steuerzahler für das zweite Griechen-Paket mit 109 Milliarden Euro oder mit mehr einstehen müssen, hängt davon ab, in welchem Umfang die privaten Gläubiger ihre Forderungen abschreiben, Rückzahlungsfristen strecken oder Zinssätze senken. Derzeit sind sie nicht rasend opferbereit.

Fekter machte aber klar, dass Österreich nicht Finnlands Beispiel folgen und für die Beteiligung an der Griechen-Hilfe Sicherheiten verlangen wird. „Der Preis ist zu hoch. Für mich ist es nicht so attraktiv, griechische Bonds als Sicherheit zu bekommen.“ Bezüglich der Debatte um die Flexibilisierung des 440 Milliarden Euro schweren Euro-Rettungsvehikels EFSF gab sie sich vage: Sie sehe der Debatte offen entgegen, sei aber „nicht sehr dafür, die EFSF im großen Ausmaß Staatsanleihen kaufen zu lassen. Ich will sie nicht zur Bad Bank machen lassen.“ Fekter lehnt also derzeit den Einsatz der EFSF für die Umstrukturierung der griechischen Staatsschuld ab.

1240 Mrd. Euro für die Banken

EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia erklärte, die Banken auch 2012 von den Regeln für die Begrenzung von Staatsbeihilfen auszunehmen. Seit Oktober 2008 bis Ende 2010 haben Europas Staaten ihren Banken mit insgesamt 1,24 Billionen Euro aus der Patsche geholfen. Elf Banken wurden zugesperrt, 25 restrukturiert, 21 weitere folgen derzeit. „Und wir können nicht ausschließen, dass diese Zahl in der nahen Zukunft nicht noch weiter steigt.“

Auf einen Blick

Kurswechsel: Das zweite griechische Hilfspaket wackelt. Denn Griechenlands Wirtschaft und Budget sind in schlechterer Verfassung als erwartet. Zudem zieht die Schwäche der Banken Europas ihre Beteiligung an der Griechen-Hilfe infrage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2011)

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