Systemrisikorat: Europas erstes Frühwarnsystem

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Das Gremium warnt Politiker und Märkte durch genaue Beobachtung des Finanzsektors rechtzeitig vor neuen Krisen. Er wurde als Reaktion auf die Finanz - und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 geschaffen.

Brüssel/Wien/Reuters. Er wurde als Reaktion auf die Finanz - und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 geschaffen, als der Zusammenbruch der Großbank Lehman Brothers plötzlich das gesamte Finanzsystem in eine Notlage stürzte: Der Systemrisikorat (ESRB – European Systemic Risk Board) wurde vor etwa einem Dreivierteljahr installiert, damit solche Szenarien in Zukunft nicht mehr passieren. Am Dienstag wurde er wieder aktiv, als sein Vorsitzender, Jean-Claude Trichet, vor weiteren Verzögerungen im Euro-Krisenmanagement warnte.

Das Gremium mit Sitz bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hat neben den Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen und Börsen die Aufgabe, Risiken möglichst früh zu erkennen und eine Eskalation zu verhindern. Durch eine genaue Beobachtung der Volkswirtschaften und des Finanzsektors sollen Politiker, Marktteilnehmer und die Öffentlichkeit über lauernde Gefahren informiert werden. Allerdings darf der ESRB nur Handlungsempfehlungen abgeben und muss darauf hoffen, dass die Politik seine Empfehlungen umsetzt. Einziges Druckmittel des Rats ist, dass er die Warnungen notfalls öffentlich machen kann.

Vorsitzender des ESRB ist noch bis zum 31.Oktober EZB-Chef Trichet, sein Stellvertreter ist der Chef der Bank of England, Mervyn King. Weiters im Gremium vertreten sind Gouverneure der Notenbanken und Gesandte der Aufsichtsbehörden der 27EU-Staaten.

Bisher keine Analysen für ganz Europa

Zudem haben die Chefs der drei neu gegründeten europäischen Aufsichtsbehörden für Banken (EBA), Versicherungen (EIOPA) und Wertpapiermärkte (ESMA) Sitz und Stimme im ESRB. Dazu kommen ein Vertreter der EU-Kommission (im Normalfall der Währungskommissar) und vier Vertreter der Wissenschaft.

Der ESRB ist das erste derartige Gremium in der EU – bisher haben nationale und europäische Behörden und Institutionen zwar Analysen durchgeführt, die aber kaum je zusammengeführt wurden, um Risikoszenarien für ganz Europa abzuleiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2011)

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