Slowakische Regierung zerbricht am Streit über den EFSF

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Die wirtschaftsliberale Koalitionspartei SAS kündigte ein Nein zum Euro-Rettungsschirm an. Der Rettungsschirm könnte dann nur noch mithilfe der Sozialdemokraten ratifiziert werden.

Bratislava. In der Slowakei wurde am Dienstagnachmittag ein vorläufiges Scheitern der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF bei der Parlamentsabstimmung immer gewisser. Zugleich stand auch die Mitte-rechts-Regierung vor ihrem Sturz. „Dass es zu einer internationalen Isolation der Slowakei kommt, kann ich als Premierministerin nicht zulassen.“ So begründete die christlich-liberale Regierungschefin Iveta Radicova, dass sie ihr eigenes politisches Schicksal mit der für denselben Tag angesetzten Abstimmung über die geplante Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF verband.

Der heftigste Euroschirm-Gegner in ihrer Koalition, Parlamentspräsident Richard Sulik, hat die Ministerpräsidentin noch am Vorabend ausdrücklich davor gewarnt, die Abstimmung mit einer Vertrauensfrage zu verknüpfen: Dies sei ein „abgekartetes Spiel“, das nur den Zweck verfolge, sie zu stürzen, sagte Sulik, der auch Chef der zweitstärksten Regierungspartei SAS ist. Gleichzeitig rechtfertigte der wirtschaftsliberale Politiker weiterhin seine Ablehnung der EFSF-Ausweitung. „Wir sind nicht einverstanden damit, dass die Premierministerin eine Angelegenheit, die im Widerspruch zum Regierungsprogramm steht, mit der Vertrauensfrage verbindet.“ Die SAS werde die Abstimmung trotz solcher Drohungen boykottieren.

Damit war bereits vor dem Votum am Dienstagabend besiegelt, dass die Premierministerin keine Mehrheit für den EFSF und ihre Regierung finden wird. Sulik sagte, seine Partei wäre sogar bereit gewesen, sich von den Koalitionspartnern gemeinsam mit der Opposition überstimmen zu lassen, ohne deshalb die Regierung zu verlassen. Diese Chance sei aber durch die Verknüpfung mit der Vertrauensfrage vertan, weil die Opposition natürlich nicht der Regierung ihr Vertrauen aussprechen werde, kritisierte Sulik. Die Regierung dürfte damit zerbrechen.

Für den EFSF gibt es aber möglicherweise eine zweite Chance. Im Unterschied zu nationalen Gesetzen darf im slowakischen Parlament nämlich über internationale Verträge wie den EFSF auch ein zweites Mal abgestimmt werden. Befürworter der Rettungsschirm-Erweiterung setzen deshalb ihre Hoffnungen darauf, dass in einer solchen zweiten Vorlage der Ratifizierung die sozialdemokratische Opposition für die notwendige Ja-Mehrheit von 76 der 150 stimmberechtigten Abgeordneten sorgen wird.

Fico deutet Ja in zweiter Abstimmung an

Der sozialdemokratische Oppositionsführer und Ex-Premier Robert Fico hat schon seit Wochen erklärt, seine Partei sei bereit, mit Ja für die EFSF-Erweiterung zu stimmen. Seine Bedingung war aber stets ein Sturz der Regierung und Neuwahlen. Nach dem nun ohnehin erwarteten Sturz der Regierung unter Iveta Radicova wäre diese Bedingung erfüllt. Fico schloss lediglich aus, dass seine Partei in der ersten Abstimmung die EFSF-Ausweitung unterstützen werde. Für eine zweite Abstimmung deutete er zwar ein Ja an, wollte aber keine eindeutigen Auskünfte über sein weiteres Vorgehen geben: „Warten wir ab“, sagte er auf Journalistenfragen.

Ein Termin für eine wahrscheinlich gewordene zweite Parlamentsabstimmung war am Dienstagnachmittag noch nicht absehbar. Verweigert die Slowakei als einziges Land die Ratifizierung der Ausweitung des EFSF müsste die Aufteilung der Haftungen für den Rettungsschirm zwischen den restlichen 16 Euroländern neu verhandelt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2011)

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