Enorme Nachfrage nach Gold und Silber

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Symbolbild(c) Bilderbox / Erwin Wodicka
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Während Derivate den Preis drücken, steigt die Nachfrage nach physischem Gold stark an. Händler in Österreich und Deutschland melden Rekordumsätze. Asiaten und Zentralbanken heizen die Nachfrage zusätzlich an.

Wien. Die Nachfrage nach physischem Gold und Silber zieht massiv an. Händler in Deutschland und Österreich verzeichnen Rekordumsätze. Die Menschen in Indien und China kaufen mehr Gold denn je. Und auch die Zentralbanken sind wieder auf der Käuferseite zu finden. Trotzdem wurde der Goldpreis im September so stark korrigiert, wie seit drei Jahren nicht mehr: Von über 1900 Dollar pro Unze (31,1 Gramm) auf knapp über 1600 Dollar. Das Überraschende: Die Nachfrage nach physischem Gold wuchs in dieser Zeit weiter an.
Gold ist sozusagen schizophren. Es gibt einen Goldpreis, aber zwei Goldmärkte: den für physisches Gold – also Münzen und Barren. Und den für Papiergold – also Terminkontrakte und andere Derivate. Auf dem Papiergold-Markt wird eigentlich kaum physisches Gold gehandelt – die meisten Kontrakte werden cash abgelöst. Und weil es viel einfacher ist, einen Kontrakt abzuschließen, als eine Unze Gold aus der Erde zu graben, gibt es viel mehr Kontrakte auf Gold, als es physisches Gold gibt. „Jede physische Unze wird an den Terminbörsen hundertmal gehandelt. Deswegen hat der physische Markt kaum Auswirkungen auf die Preisfindung“, sagt Ronald Stöferle, Goldexperte der Erste Group in Wien.

Silbernachfrage steigt stärker

Die September-Korrektur bei Gold und Silber wurde unter anderem durch „Margin Hikes“ ausgelöst: Spekulanten mussten um 20 Prozent mehr Eigenkapital einsetzen. „Das hat viele Hedgefonds aus dem Markt gespült und zum Preisrückgang geführt“, sagt Stöferle. Gleichzeitig stürmten die Menschen in Europa die Goldhändler. „Als Mitte Juli klar wurde, dass Griechenland doch nicht so leicht gerettet werden kann, hat ein unbeschreiblicher Run eingesetzt“, sagt Gustav Mayer, Geschäftsführer von Schöller Münzhandel. Im dritten Quartal verkaufte Schöller ganze 60 Tonnen Silber – mehr als das Vierfache im Vergleich zum Vorjahr. Schöller macht rund 85 Prozent seines Umsatzes im Großhandel und verkauft hauptsächlich ins benachbarte Ausland: Deutschland und Osteuropa. „Die Silbernachfrage ist stärker gestiegen, als die nach Gold. Der Anteil von Silber an unserem Gesamtumsatz hat sich verdoppelt“, sagt Mayer. Auch bei Pro Aurum, dem größten deutschen Edelmetallhändler, hat sich der Silberabsatz nach der Korrektur verdoppelt.
Die Käufer von physischem Gold scheinen sich von den Meldungen über eine angeblich geplatzte „Goldblase“ nicht beeindrucken zu lassen. „Auf dem Höhepunkt der letzten Rallye haben wir rund 7000 Unzen Gold pro Tag verkauft“, sagt Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich. „Als die Korrektur dann einsetzte, hat sich die verkaufte Menge schlagartig fast verdoppelt.“ Bei der Münze Österreich ist von Wirtschaftskrise keine Rede: 2011 verspricht das dritte Rekordjahr in Folge zu werden. An Spitzentagen gehen bis zu 28.000 Unzen Gold und 100.000 Unzen Silber über den Ladentisch. „Das Jahr hat eher lau begonnen. Aber das Downgrading der USA war ein richtiger Kick. Nach dem Rückgang des Preises hat sich die Nachfrage dann noch mal verstärkt“, sagt Starsich.
Schuldenkrise und Inflation treiben die Menschen weltweit zum Gold, das als Krisenwährung und als „sicherer Hafen“ gilt. China und Indien allein zeichnen für mehr als die Hälfte der globalen Nachfrage verantwortlich. 2010 lag die Goldnachfrage in China bei rund 700 Tonnen. In diesem Jahr dürfte der Bedarf laut World Gold Council um mindestens zehn Prozent steigen. Aber auch Zentralbanken sind wieder hinter dem Metall her: Im ersten Halbjahr haben Notenbanken schon rund 200 Tonnen Gold gekauft. „Der Bedarf liegt heuer aber bei bis zu  600 Tonnen “, sagt Experte Stöferle.

Gold ist wieder Geld

Bis vor wenigen Jahren waren Notenbanken netto noch auf der Verkäuferseite. Dass sie sich dem Gold jetzt wieder zuwenden, wird allgemein als Paradigmenwechsel interpretiert. Stöferle führt die verstärkte Nachfrage auf den Mangel an Alternativen zurück. Negative Realzinsen und Inflation würden andere Währungen unattraktiv machen. Die Schuldenkrise und mögliche Haircuts machen auch traditionell sichere Staatsanleihen zu einem Risikoinvestment. Und auch an den Aktienmärkten herrschte zuletzt große Unsicherheit. Stöferle nennt diese Entwicklung „Remonetarisierung des Goldes“. Einfacher ausgedrückt: Gold ist wieder Geld. Stöferle:  „Deswegen ist es gut möglich, dass sich physischer Goldmarkt und Papiergold auch weiterhin voneinander abkoppeln.“

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