EU-Gipfel beschließt Schuldenschnitt für Griechenland

Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel zeigte sich mit den Gipfel-Ergebnissen sehr zufrieden
Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel zeigte sich mit den Gipfel-Ergebnissen sehr zufrieden(c) REUTERS (Yves Herman)
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Es wird einen "Haircut" von 50 Prozent geben. Die EFSF soll auf eine Billion Euro "gehebelt" werden. Die Bankenrekapitalisierung wird 106 Milliarden Euro betragen.

Der Euro-Gipfel der Staats- und Regierungschefs hat Donnerstag früh eine Einigung auf ein Gesamtpaket im Kampf gegen die Schulden- und Bankenkrise sowie zur Griechenland-Hilfe erzielt. Für Griechenland wird es einen Schuldenschnitt in Höhe von 50 Prozent geben. Konkret heißt das, dass Privatgläubiger wie Banken und Versicherungen auf die Hälfte ihrer Anleiheforderungen verzichten. Außerdem enthält das Paket eine Einigung auf eine Bankenrekapitalisierung von 106 Milliarden Euro, davon 2,9 Milliarden für österreichische Banken und einen EFSF-Hebel zur Verstärkung der Effizienz des Euro-Rettungsschirms von 440 Milliarden auf eine Billion Euro.

Merkel sieht Erwartungen erfüllt

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zog ein positives Fazit. "Ich bin sehr zufrieden mit den Ergebnissen", sagte sie. Die Welt habe auf das Treffen geschaut.  Das Paket sein "ein Schritt weiter, aber kein Paukenschlag". Die Europäer seien den Erwartungen gerecht geworden und hätten die "richtigen Beschlüsse" gefasst, fügte Merkel hinzu.

Die Banken verzichten auf die Hälfte ihrer Forderungen gegenüber Griechenland. Das geschehe völlig freiwillig, versichern alle Seiten, denn nur unter dieser Bedingung kann vermieden werden, dass Griechenland von den Ratingagenturen für zahlungsunfähig erklärt wird. Der Wert des Verzichts liegt bei 100 Milliarden Euro. Ziel ist, dass die Verschuldung des Landes dadurch von derzeit 160 Prozent des BIP bis 2020 auf 120 Prozent des BIP fällt. Der Verzicht der Privaten werde geringer als 50 Prozent sein, weil die öffentliche Hand weitere 30 Milliarden Euro für Griechenland aufbringen wolle. Die öffentliche Beteiligung steigt von zuletzt geplanten 109 Milliarden Euro auf 130 Milliarden Euro.

Der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy bezeichnete die Entscheidungen als "Schutzwall gegen die Ansteckungsgefahr". Neben dem Schuldennachlass für Griechenland von 50 Prozent sei der Euro-Rettungsschirm EFSF in seiner Effizienz verstärkt und auf eine Billion Euro gehoben worden. Zum EFSF sagte Rompuy, die Hebelung könne auf zwei Arten erfolgen. Beim ersten Modell wird der Fonds zu einer Versicherung für Staatsanleihen mancher Euro-Länder: Investoren sollen damit geködert werden, dass der Fonds ihnen im Falle von Verlusten etwa 20 Prozent davon abnimmt. Das zweite Modell sind Sondertöpfe zum Aufkauf von Staatsanleihen, in die auch Staatsfonds und Privatleute investieren können. Deren Beitrag wird erst nach weiteren Gesprächen in einigen Wochen feststehen.

Bis zu fünffache Hebelwirkung der EFSF

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bestätigte, die Wirkungskraft des Euro-Schutzschirmes EFSF werde durch die beim EU-Gipfel beschlossene Hebelung um das 4 bis 5-fache auf 1,4 Billionen Euro steigen. Noch heute Mittag will Sarkozy mit Chinas Staatspräsident Hu Jintao sprechen. Die EU bemüht sich um eine chinesische Beteiligung bei der Hebelung des EFSF. Die EZB werde nicht an der griechischen Schuldenreduktion beteiligt, so Sarkozy. Dafür hätten Italien und Spanien weitere Reformen angekündigt, um ihrerseits zum Vertrauen in den Euro beizutragen.

Die Systemrelevanten Banken Europas, die zuletzt den Banken-Stresstest durchlaufen haben, müssen ihr hartes Kernkapital bis zum 30. Juni 2012 auf neun Prozent aufstocken. Bis die Banken ausreichend Kapital haben, müssen sie sich bei Dividenen und Boni zurückhalten. Das Geld soll in erster Linie vom Kapitalmarkt kommen, wenn das nicht geht von den Nationalstaaten und nur wenn diese nicht genug Mittel haben, vom EFSF.

Abgesehen von diesen konkreten Beschlüssen, haben sich Italien und Spanien im Rahmen des Gipfels zu weiteren Sparmaßnahmen verpflichtet. Italien will 2013 ausgeglichen budgetieren und 2014 seine Staatsverschuldung auf 113 Prozent der Wirtschaftsleistung senken. Auch soll das Pensionsantrittsalter bis 2026 auf 67 Jahre angehoben werden.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) begrüßte die Ergebnisse. "Die Eurozone, die Europäische Union, hat gezeigt, dass sie, wenn sie vor einer großen Herausforderung steht, in der Lage ist, gemeinsam und solidarisch Lösungen zu finden. Das ist ein gutes Zeichen", zeigte sich Faymann nach Abschluss der Beratungen zufrieden.

(APA/Ag.)


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