Zehn lange Nachtstunden für den Euro

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Angela Merkel und Nicolas Sarkozy berieten persönlich mit den Bankenvertretern und brachten den Durchbruch zustande. Bis kurz vor Gipfelbeginn war völlig unklar, ob sich die Teilnehmer einigen würden.

Brüssel. Die spannungsgeladene Stimmung der vergangenen Wochen hatte es schon angekündigt: Die angereisten Delegationen stellten sich beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs an diesem Mittwoch auf eine lange Nacht ein und sollten damit recht behalten. Nicht weniger als zehn Stunden dauerte das Ringen um einen Befreiungsschlag in der Schuldenkrise.

So dramatisch die tagelangen Vorbereitungen waren, so dramatisch war auch die Nacht der Entscheidung. Bis kurz vor Gipfelbeginn war völlig unklar, ob sich die Teilnehmer in den wesentlichen Fragen des Gesamtpakets einigen würden. Dennoch stärkten sich die Staats- und Regierungschefs der 17 Euroländer gegen 20 Uhr erst einmal bei einem Abendessen. Für den Rest der mitgereisten Delegationen, Berater, Journalisten hieß es nun warten.

Erster Durchbruch zum „Hebel“

Kurz nach halb ein Uhr Früh bestätigten Agenturmeldungen den ersten großen Etappensieg: Die Vervierfachung (Hebelung) des 440 Milliarden schweren Eurorettungsschirms EFSF. Die Verhandlungen über die Höhe des griechischen Schuldenschnitts hingegen zogen sich in die Länge. Gegen ein Uhr wurde der Gipfel der 17 Euroländer unterbrochen und in intimer Gesprächsrunde fortgesetzt. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, der französische Staatspräsident, Nicolas Sarkozy, IWF-Chefin Christine Lagarde, Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso verhandelten mit Vertretern des Weltbankenverbands IIF, darunter Direktor Charles Dallara.

Dann ging es weiter. Ein kleines Scharmützel zwischen Merkel und Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi verkürzte die Wartezeit: Berlusconi will von Merkel eine Entschuldigung dafür gehört haben, dass sie bei einer Pressekonferenz am Sonntag auf die Frage nach Italiens Reformanstrengungen nur milde gelächelt hatte. Berlin dementierte.

Hinter verschlossenen Türen geht es jetzt um die Beteiligung der Banken. Es wird zäh. Kurz nach drei Uhr machen endlich Gerüchte die Runde, eine Einigung über den Schuldenschnitt sei erzielt. Als um vier Uhr Früh schließlich die Ankündigung einer Pressekonferenz über die großen Bildschirme des Ratsgebäude flimmert, brandet Applaus auf. Kurz darauf geben die Regierungschefs ihre Schlusserklärungen ab. „Die Welt hat heute auf uns geschaut und wie wir uns in dieser tiefen europäischen Krise bewähren“, sagte Merkel. „Wir haben die Ursachen erkannt und die Probleme einer Lösung zugeführt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)

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