Doppelsieg für Merkel

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Deutschlands Kanzlerin brachte ihre wichtigste Forderung durch, wobei es keine EZB-Beteiligung am Rettungsschirm geben wird. „Ich bin sehr zufrieden mit diesem Ergebnis“, sagte sie.

Schließlich lächelte sie erleichtert. „Ich bin sehr zufrieden mit diesem Ergebnis“, sagte sie nachts um vier Uhr früh. Angela Merkel war die große Siegerin des EU-Gipfels. Einen Tag und eine Nacht lang hatte sie fast ununterbrochen für ihre Positionen gekämpft – daheim in Berlin und später in Brüssel. Ihren blauen Zweiteiler hat sie nie ausgezogen, Pausen zum Ausspannen hat sie sich nicht gegönnt. „Wir haben die richtigen Beschlüsse gefasst“, sagte sie schließlich erschöpft.

Der Euro-Schutzschirm wurde nicht so weit aufgespannt wie es Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gewünscht hätte, er bekommt keine Bankenlizenz, und er wird auch nicht auf andere Weise von der Europäischen Zentralbank (EZB) gespeist, wie es Paris gerne wollte. Außerdem bekam die deutsche Kanzlerin bereits am vergangenen Sonntag beim ersten der beiden EU-Gipfel den Fuß für eine EU-Vertragsänderung in die Türe. Die rechtliche Grundlage der Gemeinschaft soll künftig mehr Durchgriff auf die Fiskalpolitik einzelner Mitgliedstaaten und härtere Kontrollen der nationalen Stabilitätskultur bringen. Angela Merkel setzte sich auch hier gegenüber Sarkozy durch. Denn der französische Präsident setzt eher auf eine europäische Wirtschaftsregierung, die letztlich weniger Konkurrenzdruck und mehr Konvergenz bringen soll.

Nur ein Teddybär für Sarkozy

„Das Einzige, das Sarkozy mit nach Hause nehmen kann, ist der Teddybär, den ihm Merkel für seine Tochter geschenkt hat“, fasste eine polnische Gipfelbeobachterin das Ergebnis zusammen. Tatsächlich hat sich Deutschland mit seinem Bestreben für ein Festhalten an einem strengen Stabilitätskurs für den Euro zumindest diesmal durchgesetzt. Die Tore, die den Währungsraum mit neuem Geld geflutet hätten, werden nicht geöffnet. Gleichzeitig wurde von den Staats- und Regierungschefs der EU der Druck auf Italien und Frankreich erhöht, neue Sparprogramme umzusetzen. Rom hat dies bereits angekündigt, Paris wird das dem Vernehmen nach in den nächsten Tagen tun.

Dabei hatte alles gar nicht so gut für die deutsche Bundeskanzlerin begonnen. Sie hatte zum Zorn vieler EU-Partner den Gipfel verschoben, um sich vorab noch die Zustimmung des Bundestags für die sogenannte „Hebelung“ des EFSF zu holen. Sie hat ihn auch aufgeschoben, um mit Sarkozy doch noch ins Reine zu kommen. Denn zuletzt hatten beide divergente währungspolitische Linien verfolgt. Verärgert polterte der Luxemburger Ministerpräsident und Eurogruppen-Vorsitzende Jean-Claude Juncker: „Das Organisationstempo in Berlin ist langsamer als in anderen Hauptstädten.“

Doch Merkel hatte diesmal nicht inhaltlich gezaudert. Sie hat kurz vor dem Beginn des EU-Gipfels fast alle Bundestagsfraktionen für einen gemeinsamen europapolitischen Beschluss auf ihre Seite gebracht. Ein Ereignis, dass beispielsweise in Österreich kaum vorstellbar wäre. CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne stimmten für eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar war, wie dies funktionieren soll. Und Merkel bedankte sich: „Der gemeinsame Antrag des Bundestags ist ein Signal an die Menschen in Deutschland, an Europa und die Welt, das über die finanzpolitische Aussage hinausreicht. Er sendet die Botschaft aus, dass Deutschland parteiübergreifend die europäische Einigung schützt.“

Angela Merkel hat einen Doppelsieg davongetragen: einen daheim in Berlin und einen in Brüssel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)

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