Großbanken wollen Krise ohne Staatshilfe meistern

(c) Dapd (Mario Vedder)
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Österreichs Banken halten verhältnismäßig wenige griechische Anleihen, trotzdem brauchen sie 2,9 Milliarden Euro. Laut Berechnungen benötigen die 60 größten Banken Europas 106 Milliarden Euro.

Damit es im Zuge der Griechenland-Umschuldung zu keinen Zusammenbrüchen von Banken kommt, müssen Europas Finanzkonzerne ihre Kernkapitalquote bis Ende Juni 2012 auf neun Prozent erhöhen. Laut Berechnungen der Finanzaufsicht benötigen die 60 größten Banken Europas dafür 106 Milliarden Euro. Davon entfallen 30Milliarden Euro auf griechische Kreditinstitute, weil diese die meisten Hellas-Anleihen halten. Französischen Banken, die ebenfalls besonders stark in Griechenland engagiert sind, fehlen 8,8Milliarden Euro. Bei Österreichs Banken geht es um 2,9Milliarden Euro. Ziel ist es, dass sich die Banken das Geld zunächst selbst besorgen. Gelingt ihnen das nicht, müssen die jeweiligen Staaten einspringen. Da einige Länder aber knapp bei Kasse sind, steht als letzte Instanz der europäische Rettungsfonds EFSF bereit.

Welche Bank braucht in Österreich das meiste Geld?

Die europäische Finanzaufsicht hat in Österreich die drei größten Banken unter die Lupe genommen. Die Erhebungen brachten eine Überraschung. Von den 2,9Milliarden Euro braucht allein die Raiffeisen Zentralbank 1,9Milliarden Euro. Das schwer angeschlagene Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG ist mit 972Millionen Euro betroffen. Aufatmen kann dagegen Erste-Bank-Chef Andreas Treichl. Ihm fehlen nur 59Millionen Euro. Die Bank Austria wurde von der Behörde nicht extra überprüft, da es sich bei ihr um eine Tochter der italienischen UniCredit-Gruppe handelt. Diese muss ihr Kapital um 7,4 Milliarden Euro aufstocken.

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) erklärte nach dem EU-Gipfel, den größten Geldbedarf in Österreich habe aber die Kommunalkredit. Diese wurde im Herbst 2008 mit der Verstaatlichung vor der Pleite gerettet. Die hoch riskanten Wertpapiere wurden in eine „Bad Bank“ ausgelagert. Die Kommunalkredit-Gruppe (inklusive der Bad Bank) ist mit einer Milliarde Euro in Griechenland engagiert. Ein Schuldenschnitt von 50Prozent trifft sie daher besonders hart. Der Kommunalkredit-Vorstand äußerte sich dazu nicht. Man müsse noch alle Details abwarten, heißt es.

Warum brauchen Österreichs Banken gleich 2,9 Milliarden Euro?

Abgesehen von der Kommunalkredit-Gruppe hat der Kapitalbedarf bei Österreichs Banken aber nichts mit der Griechenland-Krise zu tun. Denn im Vergleich zur Konkurrenz in Frankreich und in Deutschland besitzen die Wiener Institute kaum griechische Anleihen. Sie haben ein ganz anderes Problem: Ihre Eigenkapitalausstattung ist seit Jahren viel zu niedrig.

Experten begründen dies mit der aggressiven Expansion nach Osteuropa. Zunächst gaben die Institute Milliarden für Zukäufe im Osten aus, später mussten sie hohe Abschreibungen auf das dortige Portfolio vornehmen. Nur die Institute in Portugal und in Italien verfügen laut Angaben der Finanzaufsicht über noch weniger Eigenkapital als die Banken in Österreich.

Müssen die Banken erneut von den Staaten aufgefangen werden?

Die meisten europäischen Großbanken versicherten am Donnerstag, dass sie die erforderlichen Kapitalquoten ohne staatliche Hilfe erfüllen werden. Auch in Österreich gehen Finanzmarktaufsicht und Notenbank (OeNB) davon aus, dass der Steuerzahler nicht zum Handkuss kommen wird. Allerdings räumt OeNB-Chef Ewald Nowotny ein, dass die Frist für die Geldbeschaffung kurz ist. Wegen der niedrigen Aktienkurse ist den Banken derzeit eine Kapitalaufnahme über die Börse versperrt. Um trotzdem auf eine Quote von neun Prozent zu kommen, werden viele Institute ihr Geschäft zurückfahren. Deutsche und französische Finanzkonzerne kündigten bereits an, Risken in Milliardenhöhe abzubauen.

Welche Folgen hat es, wenn die Banken schrumpfen?

Die strengen Eigenkapitalregeln sind ein zweischneidiges Schwert. Schrumpfen die Banken, hat dies Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft. OeNB-Chef Nowotny hält es für „denkbar“, dass die Finanzkonzerne künftig weniger Kredite an Unternehmen vergeben. Man werde daher sehr vorsichtig sein müssen, um nicht negative gesamtwirtschaftliche Effekte zu erzeugen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)


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